Tagebuch




Scenic Byways - im Doppelpack

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Gabi am Mount Hood Viewpoint, OR

Das war wieder ein Roadtrip der besonderen Art heute: zwei Scenic Byways, also besonders sehenswerte Straßen, hintereinander: zunächst nahmen wir den „Historic Columbia River Scenic Highway“ mit all den Wasserfällen unter die Räder, dann den „Mount Hood Scenic Byway“.

Das Zimmer in der Eastside Lode ist eine Unterkunft, mehr nicht. Geschlafen haben wir dennoch gut. Das lag vielleicht auch an den Getränken gestern Abend - obwohl es so viel auch nicht war. Immerhin hat es geholfen, dass ich das WiFI hier an der Rezeption als das „schlechteste in 11 Jahren USA“ bezeichnet habe - abends war es besser und der Upload hat gut geklappt.

Frühstück fällt aus, wir kaufen leckeren Kaffee beim Tanken. Hier in Oregon wird mit Service getankt. Selber machen nicht erlaubt. Mit 4,69 $ für die Gallone (3,8 Liter) ist der Sprit hier immer noch sehr günstig. Und 2,99 $ für 2 riesige Kaffee in unseren Yeti-Bechern sind auch sehr ok.

Dann sind die Wasserfälle am Historic Hwy. #30 dran: zunächst der Trail zu den Bridlevail-Falls. Dort packe ich das Stativ aus. Den „Fließeffekt“ bekomme ich auch ohne Graufilter mit Blende 22 und 1 Sekunde Belichtungszeit hin. Eines der Bilder habe ich eben mal der farblichen Stimmung entsprechend herbstlich eingefärbt. Denn auch hier werden die Blätter wieder bunt - der Sommer ist vorbei.

Die wirklich sehr sehenswerten, aber völlig überlaufenen „Multnomah-Falls“ waren 2018 nach den Bränden gesperrt. Heute bekommen wir keinen Parkplatz. Also lasse ich Gabi hinaus und fahre zurück - da war noch ein zweiter Parkplatz weiter entfernt. Glück gehabt - und einen bekommen. Die 1.000 Meter zurück über den kleinen Steig schaffe ich im Fluge.

Bei den Multnomah-Falls nutze ich den Graufilter. Die sind mit der Brücke in der Mitte echt besonders und ich werde zu Hause mal sehen, was ich aus dem Bildmaterial noch so herausholen kann. Das Bild auf der Fotoseite hier ist „quick and dirty“ entwickelt. Nebenan heiratet gerade ein Paar - das ist auch ein Foto wert, denn auf Hochzeiten sind wir gerade eingeschossen (nicht wahr, Lisa & Borch?). Aber die kleine Raupe soll auch zu ihrem Recht kommen.

Auf dem Rückweg zu dem Parkplatz, auf dem ich unseren Nissan losgeworden bin, kommen wir unweigerlich an den „Wahkeena Falls“ vorbei. Die fallen wirklich sehr tief. Man muss schon ganz genau hinschauen, um den Anfang ganz weit oben noch zu entdecken. Aber auch die Stromschnellen unten sind sehenswert. Gabi fotografiert mich, wie ich fotografiere. Hat auch was. Danke!

Und dann waren da noch die Horsetail-Falls. Der „Pferdeschwanz“ sollte uns eigentlich gar nicht lange aufhalten. Aber dann hänge ich mich doch rein und schieße die verschiedensten Perspektiven.

Nächster Stop: Hood River. Eine kleine Stadt, aber sehenswert. Falls wir nochmal hier wären, würden wir hier übernachten. Schöne Hauptstraße (Oak Street), viele Geschäfte, und tolle Restaurants inkl. Brewery. Wir essen Thai - Ramen-Noodle-Soup, schließlich war das Frühstück ausgefallen.

Dann folgt der zweite Scenic Byway: wir machen die Runde um den Mount Hood komplett und fahren „unten rum“ zurück nach Portland. „Mount Hood“ hatte für mich so gar nichts zu tun mit Robin Hood. Als ich aber die Schilder zum „Sherwood Camp Ground“ oder „Little John Park“ sehe, muss ich mich korrigieren. Dabei zeigt sich der 3. Vulkan unserer Reise zunächst ebenfalls nicht. Als wir uns dann aber der historischen Timberland Lodge nähern, ziehen die Wolken auf und er kommt raus. Sehr schön! Die Lodge ist wirklich sehenswert und ein echtes Bollwerk. Viel Stein und Holz!

Der Mount Hood gefällt auch Tiny Little Bear, der direkt Freundschaft schließt mit Bruno 11., dem Bernhardiner-Hund, der zur Timberland Lodge gehört, wie das Inventar und nach einer kleinen Wanderzeit dort verlassen wir den Ort, um nach Hause zu fahren. Dort kümmern wir uns um die Fotos und brechen dann nochmal auf. Zu Essen benötigen wir nur eine Kleinigkeit. Aber ein Drink wäre auch nicht verkehrt.

Weil wir nicht mehr „über die Brücke“ in die Downtown wollen, suchen wir die Gegend um unser Motel ab. Nicht einfach! Es gibt diverse Einkehrmöglichkeiten, aber alles ist etwas komisch. Gabi bezeichnet es sehr zutreffend später als „zwielichtig“ und ohne Zweifel auch „schmuddelig“. Top-Mode scheinen bei den Mädels extrem kurze, schwarze Outfits zu sein und noch viel wichtiger: bunte, gerne blaue Haare. Da denken wir, eine Pizzeria gefunden zu haben, gehen rein und flüchten gleich wider, als wir die Bedienungen mit blauen, orangenen, gelben und rose-farbenen Haaren erblicken. Wir haben nichts gegen Farben - aber wenn die Gestalten mehr Halloween sind als Bedienung hört der Spaß auf.

Dann lieber noch kurz auf den lauten, aber ebenso bunten Straßenmarkt. Dort unterhalten wir uns länger mit einem jungen Mann, der American Single Malt zur Verkostung anbietet. Machen wir - schmeckt! Kurz bevor wir drauf und dran sind, einen Food-Truck aufzusuchen, entdeckt Gabi ein kleines Cafe. Super sauber - Alleinstellungsmerkmal! Rein! Kühlschrank voll Bier & Cider. Wir bestellen ein Mexikanisches Bier und ein Cider. Zu essen? Hotdogs! Super - nehmen wir!! Kostet? Nix - gibt es zum Getränk dazu. Unfassbar, denn die sind eher günstig. So kommen wir an die „Kleinigkeit“ und das war wirklich prima.

Rückweg zum Motel. Da - direkt nebenan, eine Nobel-Bar? Türsteher! Wir dürfen rein. Zwielichtig? Vielleicht, aber eher auf die vornehme Art. An der Theke Bestellen wir eine Margarita für Gabi (die wirklich extrem gut ist - ok, Gabis sowieso, die Margarita aber auch) und ein frisch gezapftes IPA für mich. Wir können draussen sitzen, total ruhig, super entspannt. So endet ein wirklich abwechslungsreicher Tag.

Tagebuch ist nun auch geschrieben, Fotos sind fertig, Feierabend!! Bis morgen!!
PS: den Eintrag von gestern habe ich auch nochmal überarbeitet; ich war gestern nicht mehr in der Lage, in der nötigen Sorgfalt umfassend zu berichten.

Tagesetappe: 282 Kilometer
Übernachtung: Eastside Lodge***, 949 East Burnside Street, Portland, OR 97214

Bainbridge, Beer, Borussia

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Jürgen am Bainbridge Brewery Alehouse, Bainbridge Island, WA

Die Nacht war sehr ok für eine erste nach der langen Anreise. Wir sind zwar immer wieder mal wach, aber im Grunde kommen wir bis halb sechs klar. Dann richten wir Dinge für die nächsten Tage und frühstücken lecker. Es gibt wirklich alles, was das Herz begehrt, außer Breakfast Burritos. Aber hängen wir die Ansprüche mal nicht zu hoch.

So sind wir früh auf den Füßen und starten bei warmen 28 Grad Richtung Innenstadt. Bei den Seattle Firefighters an der 4th Avenue hängt die Fahne auf Halbmast. Klar: 9/11! Das ist nun auch schon 21 Jahre her. Wenige Meter weiter steht ein Riesen-Wassereis und Gabi muss sich das mal genauer anschauen.

Wir erreichen Pike Place Market, unser erstes Ziel für heute. Dort gibt es wie immer viel zu sehen. Besonders der frische Fisch, das knackige Gemüse und die bunten Blumen haben es uns angetan. Zur Erheiterung der Besucher schmeißen sich einige Angestellte einen fangfrischen Lachs zu - da muss mancher den Kopf einziehen, die Fische fliegen tief heute. Wer genau hinschaut, sieht den fliegenden Lachs auf einem der Fotos. In einer Ecke finden wir eine Art Apotheke mit wunderlichen, fremden Kräutern. Zwischendurch schauen wir noch beim ersten Starbucks Coffeeshop aller Zeiten vorbei - hier stellen sich Leute tatsächlich in eine 50 Meter lange Schlange, nur um gerade dort viel Geld für einen Kaffee auszugeben.

Als wir uns sattgesehen und -fotografiert haben wechseln wir wieder zurück auf die 1st Avenue und erreichen bald das Seattle Art Museum mit dem riesigen Kerl davor, der den Hammer schwingt. Tiny Little Bear, der wieder mit von der Partie ist, begrüßt zwei Artgenossen auf einem Schild. Wieder einige Blocks weiter erreichen wir mit dem Pioneer Square den historischen District. Zwischendurch gibt es immer wieder viel zu entdecken. Dazu gehören leider auch eine ganze Reihe von Obdachlosen, die maximal ein Zelt mittel auf dem Bürgersteig ihr eigen nennen. Manche haben nicht mal das und sie schlafen auf dem nackten Bürgersteig. Traurig.

Rund um den Pioneer Square finden wir interessante Geschäfte und bewundern den alten Häuserbestand. Den gefallenen Firefightern hat man hier ein Denkmal gesetzt. Auch Totempfähle gibt es hier. Ins Klondike Gold Rush Museum müssen wir rein. Mittels Film informieren wir uns darüber, wie Seattle mit dem Gold Rush am Klondike und Yukon groß und bekannt wurde. Hier war die „Homebase“ für alle Expeditionen und all die Glücksritter, die sich hier mit dem notwendigen Lebensbedarf für die Wildnis eindeckten, bevor sie sich vor 150 Jahren ins große Abenteuer „Goldschürfen“ stürzten. Einige machten ihr Glück, viele erlebten genau das Gegenteil.

Mit dem „Lumen Field“ erreichen wir die Stadien der Stadt und die Heimat der „Seattle Sea Hawks“. Die Falken spielen hier in dem riesigen Stadion American Football und sie haben kleine und große Fans. Auch in Chinatown ist Sonntag und man spielt Ping-Pong unter freiem Himmel. Wir lassen uns einfach treiben, das ist alles sehr entspannt.

2018 hatten wir eine größere Hafenrundfahrt gemacht. Für dieses mal haben wir uns etwas anderes ausgedacht: am Nachmittag fahren wir mit der Fähre nach Bainbridge Island hinüber. Das dauert ca. 35 Minuten und schon dreht sich die Welt noch langsamer. Auf der Insel gibt es quasi nur eine Hauptstraße, an der schöne Geschäfte liegen. Gleich zu Beginn stehen wir vor dem Bainbridge Brewery Alehouse. Da wir ohnehin Durst haben nach den ersten 10 Kilometern lassen wir uns nicht lange bitten. Ein hiesiges Cider für Gabi, ein Bier für mich; das schmeckt wunderbar an der frischen Luft.

Bei einem Outdoor-Ausrüster sind Flipflops im Angebot und zwar genau meine geliebten OluKais. Ich hatte mir aus Hawaii 2015 ein Paar mitgebracht und die sind einfach auf. Was liegt also näher, als sie hier und heute zu ersetzen? Nach Hawaii können wir ja trotzdem nochmal fahren - dafür müssen aber die Preise wieder sinken und der Wechselkurs wieder steigen. Der sportliche Verkäufer ist in meinem Alter und fragt mich, ob ich einen favorisierten Fußballclub habe. Dass er Fußball kennt ist schon verwunderlich. Auf meine Antwort, dass ich einen Club habe, den er ganz sicher nicht kennen wird, bohrt er nach. Ich verweise auf die Borussia und jetzt bin ich mit Staunen dran: sein Lieblingsspieler sei immer Rainer Bonhoff gewesen - und Uli Stielike. Unfassbar!

Weil es so schön war gönnen wir uns noch mehr Cider und Bier am Alehouse. Sonntagnachmittag, Urlaub - es kann so schön sein. Gabi meint, jetzt hätte ich mein Urlaubsgesicht aufgesetzt. Wozu? Zu Recht! Dann bringt uns die Fähre zurück nach Seattle.

Dort geht’s noch an Miner’s Landing und dem „Great Wheel“ vorbei, immer die Waterfront entlang, wo gerade ein riesiges Kreuzfahrtschiff ablegt.

In unmittelbarer Nähe unseres Hotels finden wir einen Thailänder. Hunger haben wir jetzt auf jeden Fall. Crispy Rolls als Vorspeise, Pad Thai für Gabi und ein scharfes Curry für mich schmecken richtig prima. Zum „Löschen“ gibt es noch ein gezapftes Bierchen. Das mit dem Trinkgeld habe ich ja eigentlich drauf - jetzt staune ich aber wirklich: erstmals hat sich jemand getraut, das Trinkgeld bereits auf die Rechnung zu setzen und zwar nicht nur als Vorschlag, sondern in die Endsumme eingerechnet. Das finde ich bei allem Verständnis dann aber doch deutlich übergriffig und das sage ich der Bedienung auch. Die wird - obwohl ich wirklich freundlich bleibe - noch kleiner als sie ohnehin schon ist und entschuldigt sich vielmals. Sie erklärt mir, da habe sie wohl einen Fehler gemacht. Nun ja, trotz aller Freundlichkeit war ich sicher auch deutlich - so was sei mir in 11 Jahren noch nicht vorgekommen. Am Ende bekommt sie, was auf der Rechnung steht - aber freiwillig!

Im Hotel sinkt Gabi gleich aufs Kissen und eben habe ich sie gefragt, ob sie wirklich durchschlafen will. Will sie. Das wird sich heute Nacht irgendwann rächen, weil sie dann ausgeschlafen ist. Ich kann sie aber sehr gut verstehen. Fast 19 Kilometer zu Fuß und das nach der Anreise gestern - da darf man müde sein. Ich habe jetzt auch viel länger für Bilder, Tagebuch und Website benötigt als gewollt. Aber so ist es halt fertig und ich lege mich jetzt auch hin.

Die Fragen des Tages: Muss man Fische fliegen lassen? - Eigentlich nein, lustig ist es aber. Muss man stundenlang anstehen, nur um einen Kaffee im ersten Starbucks der Welt zu kaufen? - Ich denke nein. Muss man die verschiedenen Biersorten der Bainbridge Brewery probieren? - Muss man nicht - aber die schmecken echt toll! Wer macht Borussia Mönchengladbach weltbekannt? - Rainer Bonhoff & Uli Stielike. Wie sollte der perfekte Sonntag aussehen? - Keine Ahnung - aber der heutige kam dem sicher sehr nahe!

Gute Nacht - morgen früh brechen wir auf in den Olympic National Park. Darauf freue ich mich sehr. Den notwendigen Jahrespass haben wir heute im Gold Rush Museum bereits gekauft.

Tagesetappe: 18,9 Kilometer gelaufen
Übernachtung: Hyatt House Downtown***, 201 Fifth Avenue North, Seattle, WA 98109

© 2022 Gabi & Jürgen