Tagebuch




Calistoga Firefighters

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Jürgen bei der Calistoga Fire Station No. 1, Calistoga, CA

Überraschung zum Frühstück; das Angebot wechselt hier täglich: ich kann mein allerbestes Breakfast-Enchilladas-Gesicht aufsetzen. Lecker, diese mexikanischen Taco-Rollen, gefüllt mit Rührei und den kleinen Bratkartoffeln, überbacken mit Tomatensoße und Käse. Da könnte ich mich reinsetzen. Und ich bin so froh, dass wir letztens in Südtirol so viele Sport-T-Shirts für mich gekauft haben. Die kommen hier prima zum Einsatz. Ich fühle mich wirklich wohl in denen nachdem ich jahrelang eher kein T-Shirt-Fan mehr war.

Heute ist so ein typischer Transfer-Tag. Rd. 180 Meilen sind völlig unproblematisch in 3 Stunden erledigt. Rauf auf die Interstate 5 in Richtung Süden, 100 Meilen geradeaus mit 65 mph, dann durch die Berge mit 55 mph gen Südwesten schwingen. Wir müssen unserer final Destination San Francisco näher kommen und haben uns als Zwischenübernachtung Calistoga in der Weinregion, direkt am Napa- und Sonoma-Valley ausgesucht. Gute Wahl, ein sehr schöner Ort.

Da unser Zimmer so früh noch nicht fertig ist, schlendern wir nach Downtown. Die ist nur 5-10 Minuten entfernt und hat hübsche Häuschen aufzuweisen. Im alten Bahnhof befindet sich nun eine Mischung aus Souvenir-Shop und Bar, die angrenzenden Wagons werden gerade zu kleinen Geschäften umgebaut.

Überall gibt es Spas und die Möglichkeit, Wein-Tastings zu machen. Das Publikum hier ist aber eher „gehoben“ und die Preise haben sich gedacht: dann wollen wir auch so sein. Die meisten Probierstuben sind gleichzeitig kleine Kunstausstellungen - alles sehr nett. Gabi findet die Kleider in einem Geschäft sehr süß. Wir gehen rein und kaufen sogar noch ein Mitbringsel (nein, kein Kleid!).

Die Feuerwehr fährt vorbei und ich schieße schnell ein Foto. Direkt um die Ecke scheint ihr Headquarter zu sein - da gehe ich doch mal kurz gucken. Aus „kurz“ werden gut 30 Minuten. Mir gefällt das Banner zur Brandschutzerziehung mit dem Hinweis, dass man seine Fluchtwege immer im Voraus kennen sollte. Das kann man nicht oft genug sagen und ich mache ein Foto von diesem guten Beispiel. Da kommt ein junger Firefighter; es ist der, der gerade die Engine eingeparkt hat.

Sofort sind wir im Gespräch - sie hatten letzte Tage hier eine Aktion für Kinder und Jugendliche und daher hängt das Banner noch dort. Ich erzähle wieder von unseren über 2.500 ehrenamtlichen Firefightern im Kreis Kleve und bestaune die Fahrzeuge. Besonders angetan hat es mir ein geländegängiges Monstrum von SUV-Truck. „Bevorzugt für Waldbrandbekämpfung?“ - vermute ich und ernte Zustimmung. Sofort schnappt er sich sein Handy und zeigt mir Videos aus Waldbrand-Einsätzen 2020, an denen er mit „seinen“ Fahrzeugen beteiligt war. Man, man - so ein Feuer möchten wir bei uns nicht erleben.

Bei Gabi stand ich inzwischen auf der Vermisstenliste und sie gesellt sich zu uns. Ich mache das Foto vom „Monster-Truck“ und er findet es große Klasse. Ob wir Lust haben, einen Blick in ihr kleines „Museum“ zu werfen? Interessierte Besucher hätten sie nicht so oft! Klar möchten wir das sehen! Die anderen Feuerwehrleute wundern sich, als er mit uns durch die Halle ins Nebengebäude stiefelt. Ein Feuerwehrauto von 1925 haben sie hier und weitere historische Feuerwehrausrüstung. An der Wand: die Stars and Strips, geflochten aus Feuerwehrschläuchen. Habe ich auch noch nie gesehen.

Am Ende frage ich ihn, ob sie eine Kaffeekasse haben? Ja, aber er möchte nichts annehmen. Ich frage, ob sie denn etwas verkaufen? Ja: T-Shirts. Nun, damit fange ich nicht so viel an. Er hat aber auch ein Ärmelabzeichen anzubieten. Klar, das würde ich nehmen. Da es aber nicht „ihr“ Originales ist fragt er die anderen, ob er mir nicht das „Echte“ mitgeben darf? Darf er! Super. Ich gebe einen kleinen Betrag und den gleichen nochmal für die Kaffeekasse. Nö, will er nicht, dafür bekomme ich das zweite Abzeichen dann auch noch. Die bekommen einen Ehrenplatz in Kleve; das war ein toller Besuch - made my day!

Wir kehren in der Calistoga-Inn-Brewery ein und ich gönne mir nochmal eine kleine Probe der hiesigen Biere. Gefällt mir auch gut. Gabis Cider vom Fass kostet fast das gleiche wie meine 6 Gläschen. Auf der anderen Straßenseite schlendern wir zurück. Es gibt auch schöne Mureals (Wandbemalungen) und den ein oder anderen schicken Flitzer.

Wir bekommen die Zimmerkarten, packen die Sachen aufs Zimmer und Gabi eilt an den Pool. Schön ruhig - sie ist alleine. Ich mache schon mal die Fotos fertig und folge ihr dann. Gemeinsam sind wir faul.

Jetzt ist das Tagebuch auch geschrieben und wir gehen nochmal in den Ort, eine Kleinigkeit essen. Dann schreibe ich gleich nur nach den Schlusssatz und bin fertig.

So - zurück vom Abendessen. Wir konnten immerhin draussen sitzen in der „Palisades Eatery“ und den vorbeiflanierenden Fregatten in ihren Kleidchen zusehen. Mein Shrimp-Burrito war auch wirklich gut. Gabis Truthahn-Wrap war eher mäßig, die Beilagen (onion rings und „garlic cheese bread“) sehr fettig. Da sind wir froh, uns im geräumigen Zimmer kurz richten und desinfizieren zu können. Und dieses Best-Western hat einen sehr schönen Außenbereich, in dem wir nun gleich bei einem Glas Wein noch sitzen werden. 19:15 Uhr; so früh war ich noch nie fertig in diesem Urlaub mit der Website. Das war ein sehr entspannter Tag.

Morgen heißt es, Blumen in die Haare zu flechten - denn es geht nach San Francisco. Yippieh!


Tagesetappe: 282 Kilometer
Übernachtung: Best Western Plus Stevenson Manor***, 1830 Lincoln Avenue, Calistoga, CA 94515

Avenue of the Giants

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Gabi im Humbold Redwoods SP, Avenue of the Giants, Founders Grove Nature Loop, CA

Bäume, Bäume, Bäume - mehr habe ich nie auf einem Haufen gesehen in einem Urlaub. Und heute gab es nochmal eine Überdosis.

Los ging es mit einem eher durchschnittlichen Frühstück - gemessen am Anspruch der Best-Western-Kette. Dafür habe ich meine beiden Frühstücks-Burger mit Ei und Käse draussen am Pool genießen können. Um 10:00 Uhr öffnet das Visitor-Center, wir sind vor Ort. Die junge Dame kann aber nicht besonders helfen außer mit ein paar Flyern. Die Frage nach evtl. Straßensperrungen morgen auf dem Weg nach Redding muss ich mir per Internet selbst beantworten. Das sieht aber wohl gut aus.

30 Minuten und eine zackige Fahrt auf dem Hwy #101 mit 65 mph (rd. 110 km/h) in südliche Richtung später tauchen wir ein in die Welt der Redwoods. Die „Avenue of the Giants“ ist eine Parallelstraße zur #101, allerdings als „Scenic Byway“ mitten durch diverse Stateparks, die dem Redwoods NP angeschlossen sind. Das ist wie gestern, nur jetzt auf befestigter Straße, die sich durch die zauberhafte Waldlandschaft windet.

Wir nehmen die erste mögliche Abfahrt von der #101 und landen in der Pepperwood-Region des Humbold Redwoods SP. Hier sind wir noch weit außerhalb des „Herzens“ der Parks und daher fast ganz alleine um diese Uhrzeit. Der erste mögliche Trail ist der Drury Chaney Loop Trail. 5,6 km wandern wir durch die herrliche Baumwelt. Gabi klettert sofort auf einen der umgestürzten Riesen - schaut euch mal die Größenverhältnisse an. Das ist mit Bildern nicht wiederzugeben, aber vielleicht bekommt ihr einen Eindruck. Klee und Farne gibt es hier auch im Überfluss und letztere eignen sich sogar als Haarersatz.

Hier in dieser Gegend wurde in den 70ern der Star-Wars-Film „Return of the Jedi“ gedreht. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Leia und Luke auf ihren intergalaktischen Hexenbesen im Slalom durch die Redwoods düsen. Und auch die Ewoks müssen hier irgendwo ihr Quartier haben. Surreale Welt - atemberaubend.

Manche Bäume hat es schwer getroffen. Blitzschlag oder Feuer haben sie geteilt oder zum Teil völlig ausgehöhlt. Dennoch überleben diese gigantischen Lebewesen das und halten sich weiter tapfer. Andere sind gefallen und bieten neuem Leben eine Plattform. Der Blick nach oben: schwindelerregend.

Fotografieren ist hier nicht einfach. Es ist meist sehr düster und die Kontraste sind heftig. Da lobe ich mir den hohen Dynamikumfang meiner D750, die auch noch bei hohen ISO-Werten tolle Fotos macht. Voraussetzung ist, dass ich im RAW-Modus fotografiere, also digitale Negative erstelle, die später bearbeitet werden müssen. So kann man die Lichter dämpfen und die Schatten aufhellen, was ein ausgewogenes Bild ergibt. Ich muss allerdings zugeben, dass Gabi mit ihrer (fast) neuesten Generation des iPhone ebenso tolle Aufnahmen schießt. Bald wird es so sein: für außergewöhnliche Events (Hochzeiten, hochwertige Portraits o.ä.) wird man noch Systemkameras und teures Glas (Objektive) nutzen. Reise und Alltag werden die iPhones und Smartphone-Kollegen übernehmen - das wäre vor eingen Jahren noch undenkbar gewesen.

Nach einem Kurzbesuch im Visitor Center haben wir zwei Geheimtipps im Gepäck: zunächst den „Founders Grove Nature Loop Trail“ mit dem Founders Tree. Bei dem haben sie mal die Maße angegeben - andere sind aber ähnlich oder sogar noch größer. Immerhin handelt es sich hier um die höchsten Bäume der Welt. Im Sequoia NP weiter südlich in der Sierra Nevada sind noch breitere Vertreter dieser Art zu finden. Gemessen an der Höhe sind die Redwoods der Pazifikküste aber Spitzenreiter. Ich übersetze mal die Werte des Founders Tree: Höhe gut 105 Meter, Durchmesser fast 4 Meter, Umfang gut 12 Meter, erste Äste ab 58 Metern.

Am Visitor Center gab es ein interessantes Display: wenn wir die 250 Millionen Jahre des Bestehens der Redwoods auf eine Stunde beschränken, dann haben sie die ersten 25 Minuten gemeinsam mit den Dinosauriern verbracht. Die größte Verbreitung über die ganze Welt hatten sie von Minute 25 bis 53. Gemeinsam mit uns Menschen verbringen sie dann die letzte Minute dieser Stunde. Wie wird diese Reise weitergehen?

Wir haben noch ein weiteres Ziel: den Big Trees Loop Trail. Diesen erreichen wir wieder über eine sehr schmale Seitenstraße. Wie gestern: einspurig und wenn einer entgegen kommt, dann muss einer von beiden ganz rechts ran. Lustig, wenn in einer solchen Situation ein Schild auftaucht „Road narrows“ - es wird enger.

Gabi möchte auf der Rückfahrt gerne noch einen Abstecher nach Ferndale machen, auch der viktorianischen Häuser wegen. Machen wir - und es war sehr schön! Oder wie sagte Gabi anschließend? „Das war doch niedlich!“ Ich treffe auch auf zwei Kollegen der Freiwilligen Feuerwehr Ferndale. Ich erzähle, dass wir im Kreis Kleve in 16 Städten und Gemeinden ausschließlich Freiwillige Feuerwehren haben und dort über 2.600 Kameradinnen und Kameraden engagiert sind. Wir sind schnell auf einer Wellenlänge.

Zurück in Eureka. Der Name geht übrigens auf den gleichen Wortstamm zurück wie „Heureka“. Das ist ein Wort, dass ich im Leben nur als Kind von Daniel Düsentrieb gehört habe.

Wir gehen nochmal in die „Lost Coast Brewery“. Preis-Leistung sind dort einfach klasse. Gestern die Nachos waren die „kleine Portion“ - der „Big Dave’s Burger“ heute war eine Große! Gut, dass ich anstelle der Fries Krautsalat bestellt habe.

Morgen verlassen wir die Küste wieder und kehren zurück auf die Vulkankette. Ach ja: heute morgen in „Pepperwood“ hatte ich einen Cell Broadcast-Alarm auf dem iPhone: Erdbeben-Warnung! Es hat aber nix gewackelt. Nochmal kurz dienstlich: was bin ich froh, wenn der Bund es bis Dezember hinbekommt, das endlich auch in Deutschland einzuführen. Warnung der Bevölkerung muss einfacher werden und das geht mit Cell Broadcast definitiv. Sage ich seit Jahren und hier in Amerika haben wir schon 2015 Tsunami-Warnungen auf diesem Weg bekommen. Jetzt aber weiter Urlaub!!


Tagesetappe: 137 Kilometer
Übernachtung: Best Western Plus Humbold Bay Inn***, 232 West 5th Street, Eureka, CA 95501

Lost World

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Gabi & Jürgen auf dem Fern Canyon Trail, Redwoods NP, CA

Lost World? Ist die Welt denn tatsächlich verloren? Naja, manchmal denke ich schon, dass es so weit ist, wenn ich bedenke, was führende Köpfe so denken und tun. Aber darüber möchte ich im Urlaub ungern nachdenken. Außerdem ist die korrekte Übersetzung „Vergessene Welt“ - und das ist der Titel des zweiten „Jurassic Park“-Films von Steven Spielberg aus dem Jahre 1997. Und das wiederum hat viel mit unserem Trip heute in den Fern Canyon zu tun. Wobei „Verlorene Welt“ zum heutigen Tag auch gut passen würde. Verwirrung komplett - gut! Das war beabsichtigt.

Eine Warnung vorweg: Viele Bilder heute - wahrscheinlich zu viele. Aber ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Begonnen hat heute alles mit der Weiterfahrt Richtung Süden auf dem Hwy. #101. Und da gab es am Cape Sebastian und Meyers Beach gleich mehrere schöne Viewpoints. Uns wurde aber auch schnell klar, dass Nebel unser Begleiter sein würde heute - zumindest teilweise. Und so war es auch: ein ständiger Wechsel, manchmal mit kurzen Intervallen. Gerade am Meer und hoch über den Bäumen war es immer mal „misty“. Das war gerade bei der Fahrt die Küste lang oft spooky: jetzt sehen wir das Meer nicht mehr, aber auf der Straße ist blauer Himmel - dann fahren wir durch dichtesten Nebel und sehen die Hand vor Augen nicht. „Misty“ war dabei aber auch mystisch - und es kam dieses „verlorene Welt-Feeling“ auf.

Irgendwann verlassen wir die 101 und fahren Richtung „Jedediah Smith SP“. Die ersten Redwoods haben wir ja bereits an der 101 gehabt, jetzt beherrschend die riesigen Bäume die Szenerie komplett. KeinBild und keine Beschreibung kann vermitteln, wie es ist, durch diese Giganten zu cruisen.

Wir fangen Sandwiches, Pizza-Sticks und Eggrolls und steuern das Visitor Center an. Der Park gehört inzwischen zum Nationalparksystem, das machte es für alle einfacher. Gute Beratung, wie immer. Tipp des Tages: eine 8 Meilen lange, meist unbefestigte Straße namens „Howland Hill Road“. Allein die Fahrt ist unvergessen. Eng, steil, Schlangenlinien - und immer im Slalom zwischen den Redwood hindurch. Auf dem Weg nehmen wir den „Stout Grove Trail“ mit. Gut 3 Kilometer wandern wir durch die Redwoods. Hier ist alles unberührt von Menschenhand. Nie wurden hier Bäume gefällt. Alles ist über (mindestens) Jahrhunderte gewachsen - oder auch gefallen. Schaut euch die Bilder an - außerirdisch, das ist wie im Traum - „lost world“.

Nächster Stop: der „Fern Canyon“, ein Canyon der Farne? Jawohl! Hier waren wir 2013 schon, kamen aber nicht weit, weil der Trail mitten durch einen kleinenFluss führt. Der Weg dorthin führt wieder über 8 Meilen Offroad-Piste mit mehreren Furten. Da muss der Nissan durch. Macht er klaglos.

Inzwischen benötigt man ein Permit, um Zutritt zu bekommen - das war 2013 noch nicht so. Wir haben das aber bereits von zu Hause aus bestellt, ausgedruckt und griffbereit. Schließlich soll täglich nur eine begrenzte Anzahl an Fahrzeugen Durchfahrt erhalten. Vor aggressiven Hirschen wird gewarnt. Ok.

Am Trailhead kommen unsere Tewa-Sandalen zum Einsatz, die Gabi extra für diesen Tripp eingepackt hat. Sehr gut! Mit normalem Schuhwerk wäre auch heute wieder am Eingang Schluss gewesen. Hui, das Wasser ist ganz schön kalt. Die Atmosphäre ist aber atemberaubend. Schaut euch den zweiten Teil von Jurassic Park ruhig nochmal an - ihr werdet einiges wieder erkennen. Ich sehe jedenfalls die Dinos quasi vor mir. Auch wenn der Film nicht so hieße - hier ist die Welt für uns vergessen.

Auf die Dauer ist es kalt an den Füßen - sehr kalt! Aber die Tewas tun ihren Dienst. Stabil und wasserfest. Wir machen viele Bilder, müssen aber zum Teil auch ganz schön kraxeln. Am Ende des Canyons führt der Weg als Loop hoch auf den Canyonrand und oben zurück zum Anfangspunkt.

Auf dem Rückweg treffen wir noch den stolzen Herrn Hirsch und die gesamte Sippschaft. Vorsichtshalber fotografieren wir nur aus dem Auto heraus.

Nun aber ab nach Eureka - es wird langsam spät. Da wir in California angekommen sind, singen die Beach Boys für uns. Als die müde sind, schalte ich wieder auf „Prime Country“ im Radio. Zwei Oberschnulzen geben sich die Ehre: „Always on my mind“ könnten wir mit Birgit auch mal probieren. „If tomorrow never comes“ ist dann doch schnulzenmäßig eine Spur zu hart - aber dennoch ein echter Hit.

Das Best Western in Eureka ist groß und ok. Wir machen uns auf in die Downtown. Dort ist „Friday Evening“ mit Live Music, allerlei Ständen und Food. Gute Einrichtung, alles ist ausgelassen und tanzt.

Unser Ziel: Die Lost Coast Brewery. Wenn schon nicht lost world, dann wenigstens lost caost. Ich bestelle eine Flight, bestehend aus 6 Bierproben (11 $). Aus 20 Sorten kann ich aussuchen. Finde ich super! Und ich lechze seit Beginn der Reise nach Nachos mit Käse, Chicken, Jalapenos, Zwiebeln, Oliven & Co. Hier bekomme ich sie und bestelle zum Glück die kleine Portion. Gabi nimmt ein Fischbrötchen mit Fritten - sehr reichhaltig. Die Preise sind hier echt ok.

So findet ein weiterer perfekter Tag sein Ende. Die Fahrt war anstrengend, weil offroad immer heikel ist, erstrecht, wenn es eng wird. Aber das war es allemal wert. Viel Spaß mit den Fotos!


Tagesetappe: 264 Kilometer
Übernachtung: Best Western Plus Humbold Bay Inn***, 232 West 5th Street, Eureka, CA 95501

Volcano

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Jürgen auf dem Obsidian Flow Trail, Newberry National Volcanic Monument, OR

Die „Cascade Lodge“ ist wirklich ok, das Zimmer geräumig und die Einrichtung - na, sagen wir mal: postmodern, aber sehenswert. Vielleicht mache ich morgen mal ein Foto vom Waschbecken. So haben wir auch gut geschlafen und da Urlaub ist, beginnt der Tag nicht hektisch, sondern mit zwei Meditationen mittels Peloton-App. Das haben wir uns so angewöhnt.

Zum Beginn unserer Tour haben wir einige Stationen vor: zunächst geht’s zum nahe gelegenen Safeway. Unser Obst ist alle und ein Sandwich für später sowie einen Breakfast Burrito für mich und einen süßen Donut für Gabi zum Sofortverzehr. Dann statten wir Downtown einen ersten kurzen Besuch ab. Im Visitor Center lassen wir uns beraten, ob wir mit unseren Planungen für heute und morgen richtig liegen. Ja, tun wir - es gibt aber noch ein paar wertvolle Hinweise zusätzlich. So ist eine ganze Region hier aktuell gesperrt: heftige Waldbrände. Kann man nichts machen - das Feuer ist aber weitestgehend unter Kontrolle. Nächster Stop: Nike Outlet. Das liegt an der Route, die wir heute sowieso fahren, macht aber erst um 12 Uhr auf. Mittags werden wir wieder dran vorbei kommen - Gabi muss doch endlich eine neue Basecap bekommen.

10 Meilen südlich von Bend erreichen wir das Newberry National Volcanic Monument. Hier werden wir heute einige Zeit verbringen. Im Visitor Center bekommen wir Hinweise auf Dinge, die wir uns unbedingt ansehen sollen. Draußen beginnt gerade ein Ranger Talk - das ist genau unser Ding. Spätestens jetzt haben wir das von uns so sehr geschätzte National-Park-Feeling. Wir erfahren viel Neues - insbesondere über den Newberry Volcano und seine Ausläufer. Vieles wissen wir aber auch schon - Hawaii hat uns da sehr geholfen. Hier im Bereich des Visitor Centers sind eher die Ausläufer des Vulkans zu sehen: jede Menge Lava und einer von über 400 „Cinder Cones“, die der Vulkan geschaffen hat. 1,5 Meilen unter uns sind auch heute noch riesige Magma-Kammern und wenn der Druck auf dem Kessel zu groß wird und irgendwo eine Schwachstelle ist dann gibt es einen „kleinen“ Ausbruch und es entsteht so was wie ein großer Pickel - ein Cinder Cone. Der besteht aus Asche und Lava und unserer hier ist 1.500 Jahre alt.

Wir können anschließend sogar mit dem Auto hinauf fahren. Obwohl der gar nicht so riesig hoch ist haben wir von dort tolle Ausblicke auf weitere Vulkane, Cinder Cones und den Hwy #97, der Bend mit dem Park verbindet.

Zugig ist es dort oben. Das Wetter ist wechselhaft. Mal blauer Himmel, dann wieder Wolken.

Weitere 24 Meilen südöstlich erreichen wir den Paulina Peak und den gleichnamigen See. In der Caldera des Vulkans sind nach dem letzten Ausbruch 2 Seen übrig geblieben: der Paulina Lake und der East Lake. Vorher war es ein See, doch der letzte Ausbruch hat einen weiteren Kegel in die Mitte der Caldera gesetzt, so dass es nun 2 Seen sind. Vulkane verändern das Aussehen der Landschaft oft sehr schnell - das kann man hier gut sehen.

Etwas besonderes gibt es hier oben auch: den „Big Obsidian Flow“, über den auch ein Trail führt, den wir unter die Füße nehmen. Wir kraxeln auf einem riesigen Glasberg herum. Eine Erklärungstafel habe ich mal fotografiert und bei den Fotos platziert. Kurzfassung: das Gestein hat hier einen hohen Silicium-Gehalt und als der Vulkan das ausspuckte, blieb ein großer Glasberg übrig. Das Glasgestein hat hier drei Farben: schwarz (das ist dann of richtig glatt), hellgrau und dunkelgrau (das hat mehr Lufteinschlüsse). Wir müssen schon höllisch aufpassen, uns hier nicht zu verletzen an den messerscharfen Steinen. Es macht aber viel Spaß, den Trail zu erkunden. So etwas haben wir noch nicht gesehen und das ist auch normal, denn solche Obsidian-Flows sind extrem selten.

Am Paulina Lake finden wir ein nettes Plätzchen für das Sandwich-Picknick. Und Gabi macht wieder Fotos von Tiny Little Bear. Die findet ihr regelmäßig in ihrem WhatsApp-Status. Schließlich steuern wir noch die Paulina Falls an, die deutlich größer daherkommen, als von uns vermutet. Erst haben wir einen Viewpoint von oben, dann gehts es 400 Feet hinunter an den Fuß der Fälle. Gabi kraxelt auch hier ganz schön herum.

Am Parkplatz gesellt sich ein neugieriger, blauer Vogel zu uns - hübsch! Weniger hübsch ist der Blick auf meine Tankuhr. Die habe ich schon den ganzen Tag auf dem Kieker. Als wir Bend und die letzte Tankstelle schon weit hinter uns hatten fiel mir ein, dass ich noch tanken wollte heute morgen. Und seitdem rechne ich, ob das noch klappt mit dem Rückweg. Vorsichtshalber habe ich die Klimaanlage schon mal abgeschaltet. Und es waren immer noch mindestens 15 Meilen „Reserve“ bei den Rechnungen vorhanden. So erreichen wir dann später auch die rettende Tankstelle in Bend und sind jetzt wieder gerüstet für neue Unternehmungen.

Gabi hat ihre Basecap bekommen und dazu noch ein paar Sportklamotten von Nike. Das Auto hat jetzt Pause. Wir wollen zu Fuß nach Downtown.

Das sind gut 2 Kilometer, die wir zu gehen haben und sowas macht hier sonst eher keiner. Der Kollege an der Rezeption hat mich gestern für völlig bekloppt gehalten, als ich fragte, ob man zu Fuß dort hin kommt. Wir müssen nämlich den Hwy. 97 queren etc. Kurz: hat gut geklappt und wir machen erste Rast in der „McMenamins Old Francis School Brewery“. Uriger Schuppen, gutes Bier. Dann steuern wir die Deschutes Brewery an, finden einen Platz an der Theke und ich gönne mir eine von zwei möglichen Bierproben: 6 Gläschen mit unterschiedlichen Bieren der Brauerei, deren Kessel wir von der Theke aus sehen können. Lecker! Kurzbezeichnungen wie „Prinz Crispy“, „Otter Encounter“, „Check you Hefe“ oder „Pineapple Whip“ machen schon neugierig. Die sechs Bierchen werden (je höher die Nummer) immer bitterer und alkoholischer. Das letzte hat satte 8,5%. Und aus dem Wash des beliebtesten Bieres machen sie sogar einen 5-jährigen Whisky, den Gabi probiert. Den gibt es sogar aus einem ordentlichen Nosingglas - allerdings in doppelter Portion. Der Barman meint es gut mit uns.

So treten wir später etwas „tipsy“ den Heimweg an. Dabei müssen wir nochmal über die fünfspurige Straße. Ich quere die gleich noch 4 Mal, denn ich ordere eine Pizza gegenüber bei „Domino’s“ unserer Lieblingskette. Da eine Wartezeit von 45 Minuten zu überbrücken ist, hüpfe ich schnell zurück ins Zimmer, um mich um die Fotos zu kümmern. Die Pizza war wie immer super und alles andere (Fotos, Tagebuch und Website) muss nun bis morgen früh warten. Müde! Gute Nacht!!


Tagesetappe: 140 Kilometer
Übernachtung: Cascade Lodge****, 420 Southeast 3rd Street, Bend, OR 97702

Portland Brewery

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Gabi auf der Burnside Bridge, Portland, OR

Der heutige Tag ist schnell erzählt - Lazy Friday!!

Nach dem Frühstück brechen wir zügig auf und steuern dem Mount St. Helens National Monument entgegen. Es ist wieder sehr bedeckt und in Portland wären wir bereits in 2,5 Stunden. Auch heute begegnen uns wieder viele Trucks mit Baumstämmen. Es gibt aber ebenso viele, die „leer“ unterwegs sind. Und die haben ihr „Hinterteil“ einfach Huckepack geladen. Will sagen: Die Log-Trucks bestehen aus einer Zugmaschine mit Auflieger. Das Ende der Baumstämme liegt auf einem Gestell mit je zwei Zwillingsreifen. Und dieses Gestell ist variabel montierbar und wird bei Nichtbenutzung einfach auf den Auflieger geladen.

Von der Interstate 5 gibt es einen „Abstecher“ zum Mount St. Helens. Die Stichstraße umfasst schlappe 50 Meilen bis zum Johnston Ridge Observatory, dem Endpunkt direkt amVulkan.

Wir fahren wieder durch Wolken, die Sicht auf die Umgebung bleibt verwehrt - wie gestern. Zeitweise tröpfelt es und es ist unklar, ob das Regen oder einfach der Niederschlag der Wolken auf der Windschutzscheibe ist.

Es ist aber auch eine emotionale Fahrt. 2018 haben wir das alles glasklar vor uns gesehen und auch heute ist die Verwüstung vom 18. Mai 1980 noch überall spürbar. Am Straßenrand ist gekennzeichnet, von wann die Aufforstungen sind und auch wenn diese nun 40 Jahre zurück liegen und die Bäume schon wieder ganz schön groß sind, so ist es uns, als sei der Berg gestern erst kollabiert.

Oben angekommen ist bis auf die Talsohle nichts zu sehen, der Berg versteckt sich wie gestern der Mount Rainier. Wir verbringen einige Zeit im Observatory, unterhalten uns mit einem Ranger und schauen die Ausstellung an. An einem Modell lassen sich die verschiedenen Phasen des Ausbruchs nachempfinden. Höhepunkt ist der absolut sehenswerte Film im „Theater“. Dort wird mit Originalaufnahmen und Simulationen, untermalt mit dem richtigen Sound das ganze Ausmaß der Naturgewalt deutlich. Das haben die Amis ja auch wirklich drauf: die Ausstellungen etc. in den Besucherzentren der Nationalparks u.ä. sind Gold wert. Höhepunkt der Aufführung ist am Ende das Hochfahren des Vorhangs inkl. Leinwand. Es erscheint ein riesiges Panoramafenster über die gesamte Breite des Theaters - die gibt den Blick frei auf den Vulkan, wenn er denn zu sehen wäre. Heute sehen wir eine weiße Wand aber 2018 war der Effekt beeindruckend. Und das Wetter ins Positive zu ändern, haben selbst die Amins nicht drauf - Gott sei Dank!

Wer mag, kann ja mal zu den Fotos von 2018 wechseln, da gibt es mehr zu sehen -
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Gegen 14:00 Uhr sind wir dann in Portland, das Motel ist schnell gefunden. Da noch einiges vom Tage übrig ist beschließen wir, einen Ausflug in die Downtown zu machen. Dort ist Leben und dort gibt es diverse Microbreweries. Die Dame an der Rezeption beschreibt verschiedene Möglichkeiten , mit Bussen o.ä. dorthin zu kommen und ist ganz entgeistert, als wir sagen, dass wir laufen werden. Tun wir dann auch.

Immer gerade aus, über die Burnside Bridge hinüber und schon sind wir da. Tja, gerade im Bereich der Brücke sind wieder sehr viele Obdachlose. Ich habe mal vorsichtig ein paar Zelte fotografiert. Viel schlimmer haben es aber die zahlreichen Menschen, die auf dem nackten Boden liegen. Keiner pöbelt, wir fühlen uns als Paar überhaupt nicht unsicher - die Leute können einem einfach nur leid tun. Einer liegt auf dem Bauch, hat einen Gullideckel hochgenommen und sucht nach Verwertbarem. Die meisten sind überhaupt nicht in der Lage, gefährlich oder bedrohlich zu wirken, so stoned sind sie.

Wir schlendern durch die Straßen und statten wieder Powell’s Book Store einen Besuch ab - ein riesiger Bücherladen über zig Etagen. Es ist wohl der größte der Welt.

Am Ende kehren wir ein: zunächst bei der „Van Ebert Brewery“. Hier wird online bestellt und abgerechnet. Das Bier ist prima, zudem können wir direkt auf die Brauamarturen blicken. Einige Häuser weiter finden wir die „Backwoods Brewery“. Hier kommen wir an der Theke gleich ins Gespräch mit einem Paar unseren Alters aus Florida. Wir quatschen uns fest, die Zeit vergeht wie im Fluge. Die beiden beginnen, ihr Heimatland zu entdecken und sind extrem dankbar für Tipps und Hinweise zu Reisezielen im Wilden Westen.

Als wir nach dem Essen (erstklassige Burger) rauskommen, ist es fast dunkel. Schnell den Rückweg bewältigt und an den Mac gesetzt. Gabi ist gleich ohnmächtig ins Bett gesunken. Jetzt bin ich fertig und müde. Mal sehen, ob das WLAN reicht. Heute Mittag war es unterirdisch, jetzt ist es etwas besser. Schauen wir mal - gute Nacht!

Tagesetappe: 383 Kilometer
Übernachtung: Eastside Lodge***, 949 East Burnside Street, Portland, OR 97214

Bainbridge, Beer, Borussia

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Jürgen am Bainbridge Brewery Alehouse, Bainbridge Island, WA

Die Nacht war sehr ok für eine erste nach der langen Anreise. Wir sind zwar immer wieder mal wach, aber im Grunde kommen wir bis halb sechs klar. Dann richten wir Dinge für die nächsten Tage und frühstücken lecker. Es gibt wirklich alles, was das Herz begehrt, außer Breakfast Burritos. Aber hängen wir die Ansprüche mal nicht zu hoch.

So sind wir früh auf den Füßen und starten bei warmen 28 Grad Richtung Innenstadt. Bei den Seattle Firefighters an der 4th Avenue hängt die Fahne auf Halbmast. Klar: 9/11! Das ist nun auch schon 21 Jahre her. Wenige Meter weiter steht ein Riesen-Wassereis und Gabi muss sich das mal genauer anschauen.

Wir erreichen Pike Place Market, unser erstes Ziel für heute. Dort gibt es wie immer viel zu sehen. Besonders der frische Fisch, das knackige Gemüse und die bunten Blumen haben es uns angetan. Zur Erheiterung der Besucher schmeißen sich einige Angestellte einen fangfrischen Lachs zu - da muss mancher den Kopf einziehen, die Fische fliegen tief heute. Wer genau hinschaut, sieht den fliegenden Lachs auf einem der Fotos. In einer Ecke finden wir eine Art Apotheke mit wunderlichen, fremden Kräutern. Zwischendurch schauen wir noch beim ersten Starbucks Coffeeshop aller Zeiten vorbei - hier stellen sich Leute tatsächlich in eine 50 Meter lange Schlange, nur um gerade dort viel Geld für einen Kaffee auszugeben.

Als wir uns sattgesehen und -fotografiert haben wechseln wir wieder zurück auf die 1st Avenue und erreichen bald das Seattle Art Museum mit dem riesigen Kerl davor, der den Hammer schwingt. Tiny Little Bear, der wieder mit von der Partie ist, begrüßt zwei Artgenossen auf einem Schild. Wieder einige Blocks weiter erreichen wir mit dem Pioneer Square den historischen District. Zwischendurch gibt es immer wieder viel zu entdecken. Dazu gehören leider auch eine ganze Reihe von Obdachlosen, die maximal ein Zelt mittel auf dem Bürgersteig ihr eigen nennen. Manche haben nicht mal das und sie schlafen auf dem nackten Bürgersteig. Traurig.

Rund um den Pioneer Square finden wir interessante Geschäfte und bewundern den alten Häuserbestand. Den gefallenen Firefightern hat man hier ein Denkmal gesetzt. Auch Totempfähle gibt es hier. Ins Klondike Gold Rush Museum müssen wir rein. Mittels Film informieren wir uns darüber, wie Seattle mit dem Gold Rush am Klondike und Yukon groß und bekannt wurde. Hier war die „Homebase“ für alle Expeditionen und all die Glücksritter, die sich hier mit dem notwendigen Lebensbedarf für die Wildnis eindeckten, bevor sie sich vor 150 Jahren ins große Abenteuer „Goldschürfen“ stürzten. Einige machten ihr Glück, viele erlebten genau das Gegenteil.

Mit dem „Lumen Field“ erreichen wir die Stadien der Stadt und die Heimat der „Seattle Sea Hawks“. Die Falken spielen hier in dem riesigen Stadion American Football und sie haben kleine und große Fans. Auch in Chinatown ist Sonntag und man spielt Ping-Pong unter freiem Himmel. Wir lassen uns einfach treiben, das ist alles sehr entspannt.

2018 hatten wir eine größere Hafenrundfahrt gemacht. Für dieses mal haben wir uns etwas anderes ausgedacht: am Nachmittag fahren wir mit der Fähre nach Bainbridge Island hinüber. Das dauert ca. 35 Minuten und schon dreht sich die Welt noch langsamer. Auf der Insel gibt es quasi nur eine Hauptstraße, an der schöne Geschäfte liegen. Gleich zu Beginn stehen wir vor dem Bainbridge Brewery Alehouse. Da wir ohnehin Durst haben nach den ersten 10 Kilometern lassen wir uns nicht lange bitten. Ein hiesiges Cider für Gabi, ein Bier für mich; das schmeckt wunderbar an der frischen Luft.

Bei einem Outdoor-Ausrüster sind Flipflops im Angebot und zwar genau meine geliebten OluKais. Ich hatte mir aus Hawaii 2015 ein Paar mitgebracht und die sind einfach auf. Was liegt also näher, als sie hier und heute zu ersetzen? Nach Hawaii können wir ja trotzdem nochmal fahren - dafür müssen aber die Preise wieder sinken und der Wechselkurs wieder steigen. Der sportliche Verkäufer ist in meinem Alter und fragt mich, ob ich einen favorisierten Fußballclub habe. Dass er Fußball kennt ist schon verwunderlich. Auf meine Antwort, dass ich einen Club habe, den er ganz sicher nicht kennen wird, bohrt er nach. Ich verweise auf die Borussia und jetzt bin ich mit Staunen dran: sein Lieblingsspieler sei immer Rainer Bonhoff gewesen - und Uli Stielike. Unfassbar!

Weil es so schön war gönnen wir uns noch mehr Cider und Bier am Alehouse. Sonntagnachmittag, Urlaub - es kann so schön sein. Gabi meint, jetzt hätte ich mein Urlaubsgesicht aufgesetzt. Wozu? Zu Recht! Dann bringt uns die Fähre zurück nach Seattle.

Dort geht’s noch an Miner’s Landing und dem „Great Wheel“ vorbei, immer die Waterfront entlang, wo gerade ein riesiges Kreuzfahrtschiff ablegt.

In unmittelbarer Nähe unseres Hotels finden wir einen Thailänder. Hunger haben wir jetzt auf jeden Fall. Crispy Rolls als Vorspeise, Pad Thai für Gabi und ein scharfes Curry für mich schmecken richtig prima. Zum „Löschen“ gibt es noch ein gezapftes Bierchen. Das mit dem Trinkgeld habe ich ja eigentlich drauf - jetzt staune ich aber wirklich: erstmals hat sich jemand getraut, das Trinkgeld bereits auf die Rechnung zu setzen und zwar nicht nur als Vorschlag, sondern in die Endsumme eingerechnet. Das finde ich bei allem Verständnis dann aber doch deutlich übergriffig und das sage ich der Bedienung auch. Die wird - obwohl ich wirklich freundlich bleibe - noch kleiner als sie ohnehin schon ist und entschuldigt sich vielmals. Sie erklärt mir, da habe sie wohl einen Fehler gemacht. Nun ja, trotz aller Freundlichkeit war ich sicher auch deutlich - so was sei mir in 11 Jahren noch nicht vorgekommen. Am Ende bekommt sie, was auf der Rechnung steht - aber freiwillig!

Im Hotel sinkt Gabi gleich aufs Kissen und eben habe ich sie gefragt, ob sie wirklich durchschlafen will. Will sie. Das wird sich heute Nacht irgendwann rächen, weil sie dann ausgeschlafen ist. Ich kann sie aber sehr gut verstehen. Fast 19 Kilometer zu Fuß und das nach der Anreise gestern - da darf man müde sein. Ich habe jetzt auch viel länger für Bilder, Tagebuch und Website benötigt als gewollt. Aber so ist es halt fertig und ich lege mich jetzt auch hin.

Die Fragen des Tages: Muss man Fische fliegen lassen? - Eigentlich nein, lustig ist es aber. Muss man stundenlang anstehen, nur um einen Kaffee im ersten Starbucks der Welt zu kaufen? - Ich denke nein. Muss man die verschiedenen Biersorten der Bainbridge Brewery probieren? - Muss man nicht - aber die schmecken echt toll! Wer macht Borussia Mönchengladbach weltbekannt? - Rainer Bonhoff & Uli Stielike. Wie sollte der perfekte Sonntag aussehen? - Keine Ahnung - aber der heutige kam dem sicher sehr nahe!

Gute Nacht - morgen früh brechen wir auf in den Olympic National Park. Darauf freue ich mich sehr. Den notwendigen Jahrespass haben wir heute im Gold Rush Museum bereits gekauft.

Tagesetappe: 18,9 Kilometer gelaufen
Übernachtung: Hyatt House Downtown***, 201 Fifth Avenue North, Seattle, WA 98109

© 2022 Gabi & Jürgen