Tagebuch




Peanuts - and the Bridge

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Gabi & Jürgen im Charles M. Schulz Museum, Santa Rosa, CA

Super Frühstück, bestes Hotel der Reise, aber eine Matratze, die mit Seegras gefüllt zu sein schien. Habe ich so zurück gemeldet - wurde dankend angenommen, die im Grunde positive Kritik. Die Nacht war dennoch erstaunlich gut.

Es ist wieder warm, als wir aufbrechen und der Petrified Forest liegt an der Wegstrecke. Wir stellen aber fest, dass das ein privates Unternehmen ist. Den Einritt ersparen wir uns - versteinerte Bäume, die wirklich faszinierend sind, haben wir schon in Hülle und Fülle gesehen (Asche auf unser Haupt - was sind wir verwöhnt). Aber der Petrified Forest NP in Arizona ist überragend. Und Charlie Brown wartet ja auch.

Nun ja - angekommen in Santa Rosa warten wir zunächst auf Charlie Brown - nicht er auf uns. 2013 waren wir bereits hier vor den Toren. Die Wartezeit bis zur Öffnung war aber damals zu lang. Heute wollen wir uns Zeit lassen. Das Museum öffnet in der Woche aber erst um 11 Uhr. So müssen wir doch noch warten, machen ein paar Fotos draussen mit den Figuren und haben einfach Spaß.

Ich persönlich finde ja, dass die Peanuts neben Asterix & Obelix die wirklich ansprechendsten Comics aller Zeiten darstellen. Die Art und Weise von Charles M. Schulz (der übrigens deutsche Vorfahren im Stammbaum hat), Dinge so kurz und knackig auf den Punkt zu bringen, sind m.E. absolut grandios. Und die tragische, aber absolut liebenswerte Figur Charly Brown mit seinem Snoopy und all den anderen Charakteren liegen mir sehr am Herzen. Gabi teilt diese Begeisterung! Sehr schön!!

So machen wir in der Wartezeit bis 11 Uhr ein paar Aufnahmen draussen. Nicht fehlen darf die psychologische Beratung, die regelmäßig Lucie obliegt - ein Peanuts-Running-Gag. Dann öffnet das Museum, wir lösen unseren Ermäßigungs-Coupon ein, den Gabi heute morgen im Hotel noch gefunden hat und bestaunen die Ausstellung. Supermodern und toll aufbereitet.

Im Erdgeschoss: vorwiegend Bilder, Skulpturen, Kunstwerke von den Lieblingen. Im ersten Obergeschoss finden sich dann viele persönliche Gegenstände von Charles M. Schulz inkl. seiner Sportausrüstung (Spitzname „Sparky“) und einem Nachbau seines Arbeitszimmers. Dazu gibt es viele Originale etc. und sogar einen Klassenraum, in dem Kinder, ganze Schulklassen, aber auch Erwachsene basteln und malen können - alles mit den vertrauten Motiven.

Ein sehenswertes Kunstwerk füllt die Stirnwand des Gebäudes über zwei Etagen (wer bei der Gesamtansicht genau hinschaut sieht oben links auch Snoopys Hundehütte, verhüllt von den Christos wie einst der Reichstag). Die immer wieder verwendete Szene, in der Lucie Charly den Football hält, ihn dann aber wegzieht, wenn er schießen will (und er glaubt immer wieder aufs Neue, dass sie es diesmal nicht tut - vergeblich). Beim näheren Hinscheuen besteht das Bild aus unzähligen keinen Comics, die in ihrer schwarz-weiß-Ausgestaltung und geschickte Anordnung eben dieses Großbild ergeben. Klasse!

Gabi mag es übrigens, mich beim fotografieren zu fotografieren. Das Bild, das sie gestern mit ihrem iPhone vor dieser Wand von mir geschossen hat, gehört ab jetzt zu meinen absoluten Lieblingsbildern dieser Art. Ich finde das sehr gelungen.

Im Garten finden wir dann noch einen weiteren Running-Gag: den Drachen-fressenden Baum. Oben hängt so ein armes Exemplar, das Charly nicht retten konnte. Zum Abschluss meint Gabi, dass unbedingt noch ein Foto mit mir und Linus mit Schmusedecke und Bleistift gemacht werden muss. Es geht um den Bleistift, nicht die Schmusedecke! Passt zu meiner Tätigkeit als rasender Reporter hier im Urlaub, meint Gabi.

Das war ein wirklich toller Vormittag und wir fahren bei bestem Wetter nach Sausalito. Hier waren wir schon mehrfach, mögen es aber sehr, ein Stündchen am Jachthafen und den Hausbooten herumzuschlendern in der warmen, kalifornischen Mittagssonne.

Der Weg in die Marin Headlands mit den schönen Aussichtspunkten auf „meine“ Golden-Gate-Bridge (die gehört für mich einfach dazu bei einem Kalifornienaufenthalt) hat sich geändert und ich muss ein Wendemanöver durchführen, das Gabi den Angstschweiß auf die Stirn treibt. Die Conzelman Road ist nämlich wegen der vielen Radfahrer nun Einbahnstraße und nur von oben zu befahren. Dahin kommt man nur „hinten rum“ und muss vorher durch einen langen Tunnel fahren.

Die Ausblicke sind mal wieder toll und wir überlegen, ob sich ein schmaler, breiter Druck der Brücke gut in unserem demnächst renovierten Gäste-WC machen könnte.

Um 15:00 Uhr checken wir im Motel ein - das Zimmer ist erstaunlich gut und sogar ohne den sonst meist obligatorischen Teppichboden ausgestattet. Alle Sachen raus aus dem Auto - alle! Die Koffer müssen gepackt und dazu die Inhalte inkl. Handgepäck etc. neu sortiert werden. Das machen wir aber nicht bei dem schönen Wetter!

Hier kennen wir uns ja gut aus. Wir gehen um die Ecke und die Chestnut Street hinunter, wo der Besuch des hiesigen Apple-Stores (nur gucken, nicht kaufen) einfach dazu gehört. Dann schlendern wir hinunter zur Marina und von da ins Chrissy Field mit dem Wanderweg, der Beach und dem immerwährenden Blick auf die Brücke. Hier habe ich die Welt im Döschen. Das Jungvolk joggt, was das Zeug hält und auch die Kite-Surfer geben ihr Bestes. Wir gehen einige Kilometer, setzen uns dann und schauen dem Treiben zu. So schön!

Auf dem Rückweg suchen wir auf der Chestnut etwas zu essen. Gar nicht so einfach, denn hier reiht sich Restaurant an Restaurant und man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Schließlich finden wir einen Italiener, bei dem Gabi ihre heißersehnten Nudeln und eine Margarita und ich nochmal eine wirklich sehr gute „Hot Salami Pizza“, begleitet von Hazy IPA bekomme. Das „DelaRosa Restaurant“ werden wir uns merken.

Jetzt ist es aber genug, oder? Naja - wenn da nicht direkt vor dem Motel inzwischen das „Westwood“ geöffnet hätte. Hier spielen Jungs Pool, ein DJ macht zu laute Musik und der ganze Laden ist echt „Western-Saloon“ inkl. einer Theke bis zum Horizont und Bullriding. Einer geht noch, denken wir, setzen uns an die Theke und genießen die Atmosphäre. Ein wunderbarer Ausklang dieses Tages.

Ich habe die Fotos schon fertig und das Tagebuch angefangen. Gabi hat einen Koffer schon zu. Der Rest folgt morgen früh (und ist nun auch erledigt).


Tagesetappe: 130 Kilometer
Übernachtung: Lombard Plaza Motel**, 2026 Lombard Street, San Francisco, CA 94123

Avenue of the Giants

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Gabi im Humbold Redwoods SP, Avenue of the Giants, Founders Grove Nature Loop, CA

Bäume, Bäume, Bäume - mehr habe ich nie auf einem Haufen gesehen in einem Urlaub. Und heute gab es nochmal eine Überdosis.

Los ging es mit einem eher durchschnittlichen Frühstück - gemessen am Anspruch der Best-Western-Kette. Dafür habe ich meine beiden Frühstücks-Burger mit Ei und Käse draussen am Pool genießen können. Um 10:00 Uhr öffnet das Visitor-Center, wir sind vor Ort. Die junge Dame kann aber nicht besonders helfen außer mit ein paar Flyern. Die Frage nach evtl. Straßensperrungen morgen auf dem Weg nach Redding muss ich mir per Internet selbst beantworten. Das sieht aber wohl gut aus.

30 Minuten und eine zackige Fahrt auf dem Hwy #101 mit 65 mph (rd. 110 km/h) in südliche Richtung später tauchen wir ein in die Welt der Redwoods. Die „Avenue of the Giants“ ist eine Parallelstraße zur #101, allerdings als „Scenic Byway“ mitten durch diverse Stateparks, die dem Redwoods NP angeschlossen sind. Das ist wie gestern, nur jetzt auf befestigter Straße, die sich durch die zauberhafte Waldlandschaft windet.

Wir nehmen die erste mögliche Abfahrt von der #101 und landen in der Pepperwood-Region des Humbold Redwoods SP. Hier sind wir noch weit außerhalb des „Herzens“ der Parks und daher fast ganz alleine um diese Uhrzeit. Der erste mögliche Trail ist der Drury Chaney Loop Trail. 5,6 km wandern wir durch die herrliche Baumwelt. Gabi klettert sofort auf einen der umgestürzten Riesen - schaut euch mal die Größenverhältnisse an. Das ist mit Bildern nicht wiederzugeben, aber vielleicht bekommt ihr einen Eindruck. Klee und Farne gibt es hier auch im Überfluss und letztere eignen sich sogar als Haarersatz.

Hier in dieser Gegend wurde in den 70ern der Star-Wars-Film „Return of the Jedi“ gedreht. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Leia und Luke auf ihren intergalaktischen Hexenbesen im Slalom durch die Redwoods düsen. Und auch die Ewoks müssen hier irgendwo ihr Quartier haben. Surreale Welt - atemberaubend.

Manche Bäume hat es schwer getroffen. Blitzschlag oder Feuer haben sie geteilt oder zum Teil völlig ausgehöhlt. Dennoch überleben diese gigantischen Lebewesen das und halten sich weiter tapfer. Andere sind gefallen und bieten neuem Leben eine Plattform. Der Blick nach oben: schwindelerregend.

Fotografieren ist hier nicht einfach. Es ist meist sehr düster und die Kontraste sind heftig. Da lobe ich mir den hohen Dynamikumfang meiner D750, die auch noch bei hohen ISO-Werten tolle Fotos macht. Voraussetzung ist, dass ich im RAW-Modus fotografiere, also digitale Negative erstelle, die später bearbeitet werden müssen. So kann man die Lichter dämpfen und die Schatten aufhellen, was ein ausgewogenes Bild ergibt. Ich muss allerdings zugeben, dass Gabi mit ihrer (fast) neuesten Generation des iPhone ebenso tolle Aufnahmen schießt. Bald wird es so sein: für außergewöhnliche Events (Hochzeiten, hochwertige Portraits o.ä.) wird man noch Systemkameras und teures Glas (Objektive) nutzen. Reise und Alltag werden die iPhones und Smartphone-Kollegen übernehmen - das wäre vor eingen Jahren noch undenkbar gewesen.

Nach einem Kurzbesuch im Visitor Center haben wir zwei Geheimtipps im Gepäck: zunächst den „Founders Grove Nature Loop Trail“ mit dem Founders Tree. Bei dem haben sie mal die Maße angegeben - andere sind aber ähnlich oder sogar noch größer. Immerhin handelt es sich hier um die höchsten Bäume der Welt. Im Sequoia NP weiter südlich in der Sierra Nevada sind noch breitere Vertreter dieser Art zu finden. Gemessen an der Höhe sind die Redwoods der Pazifikküste aber Spitzenreiter. Ich übersetze mal die Werte des Founders Tree: Höhe gut 105 Meter, Durchmesser fast 4 Meter, Umfang gut 12 Meter, erste Äste ab 58 Metern.

Am Visitor Center gab es ein interessantes Display: wenn wir die 250 Millionen Jahre des Bestehens der Redwoods auf eine Stunde beschränken, dann haben sie die ersten 25 Minuten gemeinsam mit den Dinosauriern verbracht. Die größte Verbreitung über die ganze Welt hatten sie von Minute 25 bis 53. Gemeinsam mit uns Menschen verbringen sie dann die letzte Minute dieser Stunde. Wie wird diese Reise weitergehen?

Wir haben noch ein weiteres Ziel: den Big Trees Loop Trail. Diesen erreichen wir wieder über eine sehr schmale Seitenstraße. Wie gestern: einspurig und wenn einer entgegen kommt, dann muss einer von beiden ganz rechts ran. Lustig, wenn in einer solchen Situation ein Schild auftaucht „Road narrows“ - es wird enger.

Gabi möchte auf der Rückfahrt gerne noch einen Abstecher nach Ferndale machen, auch der viktorianischen Häuser wegen. Machen wir - und es war sehr schön! Oder wie sagte Gabi anschließend? „Das war doch niedlich!“ Ich treffe auch auf zwei Kollegen der Freiwilligen Feuerwehr Ferndale. Ich erzähle, dass wir im Kreis Kleve in 16 Städten und Gemeinden ausschließlich Freiwillige Feuerwehren haben und dort über 2.600 Kameradinnen und Kameraden engagiert sind. Wir sind schnell auf einer Wellenlänge.

Zurück in Eureka. Der Name geht übrigens auf den gleichen Wortstamm zurück wie „Heureka“. Das ist ein Wort, dass ich im Leben nur als Kind von Daniel Düsentrieb gehört habe.

Wir gehen nochmal in die „Lost Coast Brewery“. Preis-Leistung sind dort einfach klasse. Gestern die Nachos waren die „kleine Portion“ - der „Big Dave’s Burger“ heute war eine Große! Gut, dass ich anstelle der Fries Krautsalat bestellt habe.

Morgen verlassen wir die Küste wieder und kehren zurück auf die Vulkankette. Ach ja: heute morgen in „Pepperwood“ hatte ich einen Cell Broadcast-Alarm auf dem iPhone: Erdbeben-Warnung! Es hat aber nix gewackelt. Nochmal kurz dienstlich: was bin ich froh, wenn der Bund es bis Dezember hinbekommt, das endlich auch in Deutschland einzuführen. Warnung der Bevölkerung muss einfacher werden und das geht mit Cell Broadcast definitiv. Sage ich seit Jahren und hier in Amerika haben wir schon 2015 Tsunami-Warnungen auf diesem Weg bekommen. Jetzt aber weiter Urlaub!!


Tagesetappe: 137 Kilometer
Übernachtung: Best Western Plus Humbold Bay Inn***, 232 West 5th Street, Eureka, CA 95501

Lost World

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Gabi & Jürgen auf dem Fern Canyon Trail, Redwoods NP, CA

Lost World? Ist die Welt denn tatsächlich verloren? Naja, manchmal denke ich schon, dass es so weit ist, wenn ich bedenke, was führende Köpfe so denken und tun. Aber darüber möchte ich im Urlaub ungern nachdenken. Außerdem ist die korrekte Übersetzung „Vergessene Welt“ - und das ist der Titel des zweiten „Jurassic Park“-Films von Steven Spielberg aus dem Jahre 1997. Und das wiederum hat viel mit unserem Trip heute in den Fern Canyon zu tun. Wobei „Verlorene Welt“ zum heutigen Tag auch gut passen würde. Verwirrung komplett - gut! Das war beabsichtigt.

Eine Warnung vorweg: Viele Bilder heute - wahrscheinlich zu viele. Aber ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Begonnen hat heute alles mit der Weiterfahrt Richtung Süden auf dem Hwy. #101. Und da gab es am Cape Sebastian und Meyers Beach gleich mehrere schöne Viewpoints. Uns wurde aber auch schnell klar, dass Nebel unser Begleiter sein würde heute - zumindest teilweise. Und so war es auch: ein ständiger Wechsel, manchmal mit kurzen Intervallen. Gerade am Meer und hoch über den Bäumen war es immer mal „misty“. Das war gerade bei der Fahrt die Küste lang oft spooky: jetzt sehen wir das Meer nicht mehr, aber auf der Straße ist blauer Himmel - dann fahren wir durch dichtesten Nebel und sehen die Hand vor Augen nicht. „Misty“ war dabei aber auch mystisch - und es kam dieses „verlorene Welt-Feeling“ auf.

Irgendwann verlassen wir die 101 und fahren Richtung „Jedediah Smith SP“. Die ersten Redwoods haben wir ja bereits an der 101 gehabt, jetzt beherrschend die riesigen Bäume die Szenerie komplett. KeinBild und keine Beschreibung kann vermitteln, wie es ist, durch diese Giganten zu cruisen.

Wir fangen Sandwiches, Pizza-Sticks und Eggrolls und steuern das Visitor Center an. Der Park gehört inzwischen zum Nationalparksystem, das machte es für alle einfacher. Gute Beratung, wie immer. Tipp des Tages: eine 8 Meilen lange, meist unbefestigte Straße namens „Howland Hill Road“. Allein die Fahrt ist unvergessen. Eng, steil, Schlangenlinien - und immer im Slalom zwischen den Redwood hindurch. Auf dem Weg nehmen wir den „Stout Grove Trail“ mit. Gut 3 Kilometer wandern wir durch die Redwoods. Hier ist alles unberührt von Menschenhand. Nie wurden hier Bäume gefällt. Alles ist über (mindestens) Jahrhunderte gewachsen - oder auch gefallen. Schaut euch die Bilder an - außerirdisch, das ist wie im Traum - „lost world“.

Nächster Stop: der „Fern Canyon“, ein Canyon der Farne? Jawohl! Hier waren wir 2013 schon, kamen aber nicht weit, weil der Trail mitten durch einen kleinenFluss führt. Der Weg dorthin führt wieder über 8 Meilen Offroad-Piste mit mehreren Furten. Da muss der Nissan durch. Macht er klaglos.

Inzwischen benötigt man ein Permit, um Zutritt zu bekommen - das war 2013 noch nicht so. Wir haben das aber bereits von zu Hause aus bestellt, ausgedruckt und griffbereit. Schließlich soll täglich nur eine begrenzte Anzahl an Fahrzeugen Durchfahrt erhalten. Vor aggressiven Hirschen wird gewarnt. Ok.

Am Trailhead kommen unsere Tewa-Sandalen zum Einsatz, die Gabi extra für diesen Tripp eingepackt hat. Sehr gut! Mit normalem Schuhwerk wäre auch heute wieder am Eingang Schluss gewesen. Hui, das Wasser ist ganz schön kalt. Die Atmosphäre ist aber atemberaubend. Schaut euch den zweiten Teil von Jurassic Park ruhig nochmal an - ihr werdet einiges wieder erkennen. Ich sehe jedenfalls die Dinos quasi vor mir. Auch wenn der Film nicht so hieße - hier ist die Welt für uns vergessen.

Auf die Dauer ist es kalt an den Füßen - sehr kalt! Aber die Tewas tun ihren Dienst. Stabil und wasserfest. Wir machen viele Bilder, müssen aber zum Teil auch ganz schön kraxeln. Am Ende des Canyons führt der Weg als Loop hoch auf den Canyonrand und oben zurück zum Anfangspunkt.

Auf dem Rückweg treffen wir noch den stolzen Herrn Hirsch und die gesamte Sippschaft. Vorsichtshalber fotografieren wir nur aus dem Auto heraus.

Nun aber ab nach Eureka - es wird langsam spät. Da wir in California angekommen sind, singen die Beach Boys für uns. Als die müde sind, schalte ich wieder auf „Prime Country“ im Radio. Zwei Oberschnulzen geben sich die Ehre: „Always on my mind“ könnten wir mit Birgit auch mal probieren. „If tomorrow never comes“ ist dann doch schnulzenmäßig eine Spur zu hart - aber dennoch ein echter Hit.

Das Best Western in Eureka ist groß und ok. Wir machen uns auf in die Downtown. Dort ist „Friday Evening“ mit Live Music, allerlei Ständen und Food. Gute Einrichtung, alles ist ausgelassen und tanzt.

Unser Ziel: Die Lost Coast Brewery. Wenn schon nicht lost world, dann wenigstens lost caost. Ich bestelle eine Flight, bestehend aus 6 Bierproben (11 $). Aus 20 Sorten kann ich aussuchen. Finde ich super! Und ich lechze seit Beginn der Reise nach Nachos mit Käse, Chicken, Jalapenos, Zwiebeln, Oliven & Co. Hier bekomme ich sie und bestelle zum Glück die kleine Portion. Gabi nimmt ein Fischbrötchen mit Fritten - sehr reichhaltig. Die Preise sind hier echt ok.

So findet ein weiterer perfekter Tag sein Ende. Die Fahrt war anstrengend, weil offroad immer heikel ist, erstrecht, wenn es eng wird. Aber das war es allemal wert. Viel Spaß mit den Fotos!


Tagesetappe: 264 Kilometer
Übernachtung: Best Western Plus Humbold Bay Inn***, 232 West 5th Street, Eureka, CA 95501

The Gold Coast

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Jürgen am Coquille River Lighthouse, Bandon, OR

Der Tag beginnt nach einer hervorragenden Nacht mit einem noch besseren Frühstück im Best Western. Es gibt sogar auf Wunsch angefertigte Omelettes und für Gabi ihre geliebten Belgischen Waffeln zum selber gestalten - mit viel Obst und: aber bitte mit Sahne …

Wir schwelgen in Kalorien und treten dann bestens gestärkt die weitere Reise an. Die hatte heute so viele Stationen, dass ich nur die Wesentlichen aufzählen kann. Im Grunde sind wir eigentlich nur den Highway #101 in südliche Richtung gefahren. Reine Fahrtzeit: 2:15 Std. Unterwegs waren wir aber gute 7 Stunden. Das Ganze ähnelte einer Schnitzeljagd: Gabi hatte eine Karte, unsere Planung und ein gutes Heft über die Oregon Coast auf den Knien und sagte immer an, wo ich langfahren sollte. Das widersprach in aller Regel dem Navi und führte uns immer wieder mal auf Nebenstrecken - aber meist erfolgreich. Der Tag könnte auch „Lighthouse“ heißen, denn Leuchttürme waren drei dabei. Die wichtigsten Stationen, die ihr auch bei den Bildern findet, in Kürze:

Das Umpqua River Lighthouse aus dem Jahre 1894 machte den Anfang. Es ist gut 20 Meter hoch und kann - als Besonderheit - mit rotem und weißem Flashlight aufwarten.

Auch heute kommen uns wieder viele Trucks mit Logs entgegen. In North Bend stoppen wir spontan, weil am Wegesrand genau diese Baumstämme gelagert und umgeladen werden. Die Bulldozer mit ihren Greifarmen spielen mit den riesigen Stämmen, als seien sie Zahnstocher.

In der Coos Bay steuern wir Charleston an und halten an der Marina. Dort streunen wir etwas herum. Schöne Bootsmotive hat es hier und ein Seehund zeigt sich immer wieder mal, ist aber fix genug, sich nicht fotografieren zu lassen. Auf dem Steg sprechen wir mit einem Fischer, der einen ganzen Korb voll Dungeon-Crabs hat. Die meisten sind aber weiblich und zu klein und werden wieder in die Freiheit entlassen. Bei der Ausfahrt sehen wir den Monkey Food-Truck. Motto: „We serve good food, no fast food!“ Wir bestellen uns Riesengarnelen, um die Stimmung hier noch zu intensivieren. Hat geklappt - die Fritten waren überflüssig.

Am Cape Arago Lighthouse packe ich die D7000 mit dem Teleobjektiv mal wieder aus. Kommt gut hier. Die Blicke nach links und rechts in die Buchten der schroffen Küste sind atemberaubend und Gabi macht mit der D750 auch eine gute Figur.

Wir fahren weiter - da stehen 10 Leute an einem Viewpoint. Wir steigen aus und schon höre ich sie schreien: Seelöwen und Seehunde draußen auf einem Felsen. Wie bei Urmel aus dem Eis, nur ganz viele. Und keiner singt „Ich weiß nicht was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin!“ Dazu gäbe es auch keinen Grund - der Tag ist für alle Beteiligten klasse und alles kommt so unglaublich harmonisch und friedlich rüber. Unter einer Bank lugt wieder ein so liebevoll gestalteter Stein hervor. Den fand ich schön.

Wir gondeln weiter zum Coquille River Lighthouse von 1896. Da können wir sogar reingehen. Es liegt direkt an den Dünen und an Bullards Beach bei Bandon. Ein langer Jetty führt hinaus aufs Meer. Der ist nicht mehr so ganz gut in Schuss - wir gehen dennoch bis ganz hinten. Der Ozean rauscht. Überhaupt: der Soundtrack hat es in sich. Schon gestern habe ich mich mal wieder gewundert, was die Wellen für ein Getöse veranstalten. Und das 24/7 ohne Unterlass. Seeluft bekommen wir heute im Überfluss - tut gut!

Die Weiterfahrt auf dem Pacific Coast Highway #101 durch die Humbug Mountains (ja, die heißen so!) ist fantastisch. Wenn du nicht auf die Küste und das Meer blickst (siehe Fotos) fährst du durch schönen, satten und dichten Wald. Bergig ist es zudem - die üblichen Kurven. Und einiges von Achterbahn hat es heute auch. Hui!

Gabi lässt Tiny Little Bear zwischendurch mal wieder zu einem fetzigen Country Song auf dem Armarturenbrett tanzen. Kommentar dazu: „Tiny ist ein großer Tänzer. Da würde selbst Fred Astair blass werden - ist er glaube ich inzwischen auch.“

So erreichen wir Gold Beach und auf Ausgehen haben wir heute keine Lust mehr. Das Zimmer ist klein, aber sauber und hat 2 Schlafräume mit je einem Queensize-Bett. Wir packen das Nötigste aus und ich düse nochmal los, eine Pizza besorgen. Die verputzen wir bei bestem Wetter draussen an einem Grillplatz.

Da wir noch mehr Lust auf Seeluft haben, gehen wir die paar Schritte bis ans Meer. Und als später die Sonne untergeht, spazieren wir nochmal runter, denn Gabi mag Sonnenuntergänge sehr. Ein weiterer toller Tag!

Jetzt gleich um 21:30 Uhr gibt es hier zwischen Hotel und Strand noch eine Light-Show. Was immer uns da erwartet - wir gehen hin. Das Hotel heißt ja „Pacific Reef Hotel & Light Show“ - das muss ja einen Grund haben.

Morgen geht es noch weiter die Küste hinunter, wieder über den Hwy. #101. Wir erreichen Kalifornien und da werden auch mal die Beach Boys eine Chance bekommen. Ansonsten läuft bei uns seit einer Woche nur Country-Music.

So - zurück von der „Light Show“ und was soll ich sagen? Richtig gut! Was ich eben noch nicht erwähnte: das Hotel hat eine Fläche, da bauen andere einen Stadtteil drauf. Es liegt am Hang und zwischen den letzten Gebäuden und dem sehr kurzen Dünenabschnitt mit anschließendem Strand befindet sich so was wie ein natürliches Amphitheater. Da ist eine ziemlich ansehnliche Leinwand aufgebaut, die von hinten angestrahlt wird. Ringsum an Büschen, Bäumen etc: bunte Strahler, die ihre Farbe wechseln können.

Die Show beginnt. Außer uns ist noch ein Paar mit Hund da - übersichtlich. Ach ja, und da spazieren seelenruhig zwei Mule-Deer an der bunt beleuchteten Hecke entlang. Teil des Programms? Eher nein - dennoch sehenswert.

Was folgt ist sowas wie ein 15-minütiger Imagefilm über die Gold Coast - und so ändere ich jetzt auch die Überschrift dieses Tages, der bis gerade noch „Seeluft“ hieß. Das ist gleichzeitig so etwas wie ein Themenfilm zu unserer Reise - und die bunte Lichtershow zum Film kommt passend rüber. Alle kommen sie darin vor: Mountains, Volcanoes, Rivers, Lakes, Beaches, Trees etc. Sogar zu den Redwoods, die morgen und übermorgen bei uns drankommen, haben sie schon vorgegriffen. Bildqualität: sehr gut - Sound: außergewöhnlich! Unfassbar, wie kriegen die hier draussen so einen Surround-Sound hin? Die Musik ist ohnehin gut und als ein Singer-Songwriter mit Gitarre untermalt, meinen wir, der sitzt neben uns. Alles sehr gut. Dann das Ende. Fazit: die Landschaft hier ist ewig, du bist nur einen Moment hier und nimmst nur die Erinnerungen mit - genieße deinen Tag und „make him count!“ Das sollte eigentlich für uns alle ein Lebensmotto sein.

Aus? Nein! Überraschender Themenwechsel: es folgen satte weitere 15 Minuten mit einem Potpourrie aus Mamma Mia mit Merryl Streep und Pierce Brosnan. All die schönen Abba-Songs in einer tollen Beach-Atmosphäre. Tolle Zugabe, wieder genialer Sound - wir sind begeistert.

Übrigens: unser Tag hat gezählt! Gute Nacht.

Tagesetappe: 253 Kilometer
Übernachtung: Pacific Reef Hotel & Light Show***, 29362 Ellensburg Avenue, Gold Beach, OR 97444

Oregon Ocean

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Gabi in der Oregon Dunes National Recreation Area - South Beach, OR

Wir verabschieden uns von Bend. Das Motel mit dem intergalaktischen Wifi und der Retro-Ausstattung liegt hinter uns. Wir haben noch kurz mit Vater und Birgit geskypt - alles ok zu Hause. In der Nacht hatte es geregnet, wir fahren gen Osten, die Küste ist das Ziel - genauer: die Oregon Coast.

Wieder kommen wir (wie am Sonntag) durch die schöne Kleinstadt „Sisters“. Die gefällt uns gut, ein richtiges kleines Westernstädtchen - im Juni sogar mit Rodeo. Nun zickt der Nissan schon seit einer Woche rum, weil er ständig an den fälligen Öl- und Ölfilterwechsel erinnert. Das habe ich bisher ignoriert. Kurz vor Sisters dreht er dann völlig am Rad: alle Warnlampen an, die reinste Lichtorgel. Dazu ein Gepiepe und Getute. Geht’s noch? Angeblich AWD defekt, dazu die Cruise Control nicht verfügbar und auch die Abstandsmessung etc. fehlerhaft. Das hat jetzt noch gefehlt, hier im Nirgendwo. Ich halte an einer Tankstelle, Auto aus, Auto an - gleiches Theater. Rein zu der Inhaberin - die empfiehlt einen Reifenwechsler 10 Blocks weiter. Wieder im Auto - keine Warnlampen mehr. Ja spinnt der denn? Jap! Offensichtlich kompletter Softwarekollaps - und nach 10 Minuten hat er sich wieder bekrabbelt?

Vorsichtig fahren wir weiter. Wir wollen die Hauptstrecke verlassen und über den McKenzie-Pass fahren. Schmale Straße, viele Serpentinen, alles über 11 Meter darf hier nicht fahren (also auch keine Abschleppwagen oder so). Wie sagte der Mann im Visitor Center Bend am Montag? „It’s a once in a lifetime road“! Muss man mal gefahren sein. Stimmt, Recht hat er - und sowas von!!

Aber unser Navi weist uns diesen Weg nicht aus. Nach 3 Mal um den Pudding fahren in Sisters finden wir den Historic Highway #242, der über den McKenzie Pass führt. Und das Navi sagt: gesperrt! Hat sich denn alles gegen uns verschworen? Also: der Nissan schnurrt aktuell wie immer. Von Straßensperrung steht hier nix - und da sind die Amis normalerweise gründlich. Wir gucken uns an - los geht es! Das ist schon ein doofes Gefühl,. Wenn du dem Auto nicht so richtig vertraust und dann noch das Navi über 25 Meilen immer wieder sagt: da geht es nicht weiter!

Aber die Straße ist ein Traum. Schmal windet sie sich durch grünen, satten Wald bergan. Komisch: außer uns ist kein anderes Auto zu sehen. Ganz schön einsam hier. Dann kommt ein ganzes Stück Waldfläche, das vor Jahren abgebrannt ist. Verbrannte Erde im wahrsten Sinne des Wortes. Und plötzlich sind wir mitten in einem Lavaflow - völlig irreal! Rechts und links türmt sich die Lava empor. Das haben wir nicht erwartet. Oben auf dem McKenzie-Pass dann das Dee Wright Observatory mit Trail durch die Lavalandschaft. Wir halten an und gehen staunend durch die Lavamassen. Als seien die gestern noch flüssig gewesen - so kommt es uns vor. Es eröffnen sich Blicke auf die Straße unter uns und die Vulkane um uns herum. Und das Leben findet einen Weg: kleine Bäume sprießen aus den Lücken zwischen dem Lavagestein, das übrigens von drei verschiedenen Vulkanen stammt. Weiter geht es - nun bergab.

Der Wald wird wieder grün und die Bäume hoch. Zauberwald! Es ist so schön, hier hindurch zu gleiten und unser Auto tut so, als sei nie etwas gewesen. An der Wegstrecke taucht ein Store auf, der „Blue Sky Market“.Wir stoppen, füllen unsere Yeti-Becher mit Kaffee und kaufen essbares. Draußen vor der Tür wacht Bigfoot und „wo Bigfoot ist, da kehre ruhig ein“ (altes Indianersprichwort oder so).

Ohne weitere Probleme erreichen wir Florence und füllen im Safeway unsere Wasservorräte auf. Bei dieser Kette bekommen wir mit einer Mitgliedskarte seit 2011 saftige Rabatte. Das lohnt sich wirklich. Im Best Western Florence werden wir sehr freundlich empfangen. Da wir in all den Jahren schon so oft bei dieser (sehr empfehlenswerten) Motel-Kette übernachtet haben, werden wir zu „Gold-Mitgliedern“ hochgestuft. Auch schön, zumal das mit einem kräftigen Preisnachlass verbunden scheint. Das Zimmer ist super, das mit Abstand schönste unserer bisherigen Reise. Und einen Balkon hat es auch mit Blick auf den Fluss. Nur das Internet ist hier mal wieder unbefriedigend.

Wir packen unsere Sachen aufs Zimmer und starten gleich durch: ab zum Strand, um die Ecke (2,5 Meilen weit weg) ist die Oregon Dunes National Recreation Area mit verschiedenen Beaches. Ich steuere Beach 1 an. Bezahlen müssen wir hier nix - unser Jahrespass gilt und kommt aufs Armaturenbrett. Wir stapfen durch den tiefen, sehr feinen Sand die Düne hoch. Sehr, sehr anstrengend. Oben angekommen: „the Ocean“, genauer gesagt: der Pazifik. Es ist immer wieder toll, hier „anzukommen“ Wir haben die Pazifikküste in ganz Kalifornien bereist (komplett von San Diego bis Nordkalifornien). Und auch in Washington an der Olymic Peninsula und bei Long Beach waren wir ihm schon nahe. Jetzt: Oregon Coast - Oregon Ocean!!

Wie die Kinder tollen wir herum und machen Fotos. Tiny Little Bear ist auch dabei. Unfassbar, wie weitläufig der Strand hier ist - kein Mensch außer uns. Am Ende meint Gabi: "You can call me Sandy!" In der Tat - als sie sich im Auto niederlässt, mutiert der Nissan zur Wanderdüne. Wir haben Spaß! Ausrufezeichen!

Als sich der kleine Hunger meldet fahren wir zurück zum Best Western, stellen das Auto ab und gehen zu Fuß über die historische Brücke, die den Siuslaw River überspannt. Gleich dahinter: bunte Häuser - Downtown. Einmal die Straße hinauf und hinunter, Tiny sagt den Bären-Freunden bei „Books ’n’ Bears“ guten Abend. Wir haben Lust auf Seafood - das passt hierher. In der „Restobar 1285“ finden wir noch einen Tisch. Es gibt Seafood-Pasta - sehr lecker. Dazu passt ein Bier von Maui auf Hawaii, frisch vom Fass. Anschließend muss noch eine schnelle Einkehr im „Beachcomber Pub“ angehängt werden - der Laden stand auf unserer Liste. Hier gibt es 20 Biere vom Fass, sogar Weihenstephan aus Freising. Ich nehme aber ein süffiges lokales Bier - an die könnte ich mich gewöhnen (oder besser auch nicht).

Zurück auf dem Zimmer werden die Fotos versorgt und das Tagebuch geschrieben. Und jetzt geht es noch hinaus auf den Balkon, die Abendstille genießen. Morgen fahren wir auf dem Highway #101 gen Süden, immer die Oregon Coast entlang bis nach Gold Beach. Aber das ist eine andere Geschichte.

Tagesetappe: 309 Kilometer
Übernachtung: Best Western Pier Point Inn****, 85625 Hwy 101, Florence, OR, 97439-8501

Vertcal World

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Jürgen im Hoh Rain Forest, Spruce Nature Trail, Olympic NP, WA

Die Nacht im Aircrest Motel war recht gut - ganz anders das Internet. Nicht vorhanden, würde ich mal sagen. Keine Chance, die Website hochzuladen. Na dann später - hoffentlich. Wir sind schnell fertig, zum „Frühstück“ gibt’s hier Kaffee, den wir in unsere Yeti-Becher zapfen. Da bleibt er bis mittags heiß.

Ich bin gedanklich schon im Wald, doch Gabi möchte unbedingt noch kurz zur Marina. Gute Idee - zumal die gleich um die Ecke ist. Die Möwen haben wir schon im Motel schreien hören. Bis auf das Möwengeschrei ist es aber sehr ruhig an der Marina. Der Tag erwacht gerade erst um 07:30 Uhr. Wir schlendern über den Hollywood Beach, statten dem City Pier einen kurzen Besuch ab und fangen Sandwiches und einen Blueberry Lemon Crumble Muffin (hab ich mir gemerkt, den Namen - jawohl!) für Gabi. Alles selbstgeknetet, geformt und an den Start gebracht von der netten Melanie.

Wenige Augenblicke später sind wir auf dem Highway No. 101, der heute den größten Teil der Strecke unser Freund ist. Schon bald biegen wir ab in das romantische Elwha River Valley. Hier erwartet uns der erste Wasserfall unseres diesjährigen Aufenthaltes - die Madison Falls. Auf dem Weg durch den verwunschenen Wald mit den riesigen Bäumen fragt Gabi, ob ich das Mottolied dieses Waldes kenne? Genau: Fragezeichen! Da singt sie: „Was müssen das für Bäume sein, wo die großen E-le-fan-ten spa-zier-en-gehn, ohne sich zu stoßen?“ Ich werde wahnsinnig - da pflanzt sie mir früh morgens so einen alten Ferienlagergassenhauer ein. Den Ohrwurm werde ich jetzt den ganzen Tag nicht mehr los! Na warte …

Hatte ich die Kernelemente der aktuellen Tour genannt? Hier sind sie: Bäume, Berge, Wasserfälle, Beaches und Vulkane. Heute gibt es einige davon - vor allem Bäume und Wasserfälle. Irgendwie gucken wir den ganzen Tag staunend nach oben. Ich muss mich wirklich zwingen, auch mal ein horizontales Foto zu machen. Die Kamera schwingt immer ganz von selbst in die Vertikale. Nicht typisch für Landschaftsfotos, der „Portraitmodus“ - heute schon: vertical world!

Hier ist noch gar nichts los um diese Zeit. Das ist genau richtig, um sich mal wieder an die Fotografie mit Graufilter zu gewöhnen: Stativ aufbauen, Kamera drauf, ISO („Filmempfindlichkeit“) auf 100 fix, Ausschnitt und Blende wählen, fokussieren, Belichtung merken. Belichtung, ISO und Blende unter Angabe der Stärke des Graufilters (heute mal 8-fach) in eine passende App auf dem iPhone eingeben (damit man nicht alles selber rechnen muss). Belichtungszeit ablesen und Blende und Zeit im manuellen Modus an der Kamera eingeben. Graufilter draufschrauben, ohne etwas zu verwackeln (apropos: Verwacklungsschutz am Objektiv ausschalten) und dann - auslösen. Für den nächsten Bildausschnitt alles wieder von vorn. Von wegen knipsen - Fotografie ist mit Arbeit verbunden! Aber so gelingen diese schönen, lang belichteten Aufnahmen mit „fließendem“ Wasser und glatten Wasseroberflächen.

Nächster Stop: der Lake Crescent. Hier beginnt der Marymere Falls Trail zu den gleichnamigen Wasserfällen. Wieder sehr schön und am Ende statten wir der Lodge und dem See noch einen Besuch ab.

Dann steht das Sol Duc Valley an - wieder geht es einige Zusatzmeilen in ein Nebental. Wir schwingen sanft im Auto über die gewundene Straße dahin. Eva Cassidy sing zwei ihrer traurigen Lieder, begleitet nur von einer schönen akustischen Gitarre. Da meint man zu schweben in diesem Zauberwald. Und dann gesellt sich wie durch ein Wunder noch die schöne Instrumentalfassung von „Moon River“ hinzu, die ich im April bei einigen besonderen Momenten des Abschieds von einem ganz lieben Menschen gespielt hatte. Für einen längeren Moment sind wir nicht mehr allein im Auto unterwegs …

Bei den Salmon Cascades machen wir Halt. In den Stromschnellen kann man zur richtigen Jahreszeit Lachse springen sehen - heute machen nur die Stromschnellen Eindruck. Gabi schaut sie sich von einem erhöhten Standpunkt aus an -ich klettere hinunter und komme dem Wasser sehr nahe. Die Sol Duc Falls müssen wir diesmal ausfallen lassen - keine Parkmöglichkeiten und die Zeit wird irgendwann knapp.

Am Pleasant Lake legen wir eine kurze Mittagspause ein und verputzen Sandwich und Obst.

Den Hoh Rain Forest mussten wir 2018 auslassen, weil er gesperrt war. Heute ist offen und das nutzen wir trotz der fortgeschrittenen Zeit aus: nur 15 Minuten Wartezeit am Einlasshäuschen - aber die 20 Meilen bis zum Trailhead waren schon jede Mühe Wert: tolle Strecke!! Wir nehmen den Hall of Mosses Trail und den Spruce Nature Trail unter die Wanderstiefel - die tatsächlich in den Koffer gepasst haben. Die werden uns gute Dienste tun, denn Wanderungen soll es einige geben dieses Jahr. Die beiden Trails sind wirklich atemberaubend. Bemooste Bäume überall, sattes Grün, viele Farne, auf Fallholz wachsen neue Bäume etc. Das Stativ tut wieder seine Dienste und um 17:00 Uhr sind wir fertig - im wahrsten Sinne des Wortes.

Nun noch 2,5 Stunden Autofahrt bis Ocean Shores - weitere Stopps erübrigen sich. Wir sind froh, als wir das Motel gegen 19:20 Uhr erreichen. Wir bekommen ein tolles Zimmer und kurven gleich weiter zu Bennet’s Fish Shack. Hier am Pazifik muss es Fisch sein heute Abend. Besser: Fish & Chips & Prawns & Käse mit Jalapenos - alles (wirklich alles!) frittiert. Dazu ein Bier. Schnaps wäre jetzt nicht schlecht, aber ich muss ja noch die paar Meter zum Motel zurück. Für einen Verdauungsschnapps würde ich selbst jetzt, 2 Stunden später noch was geben.

Das war ein supertoller Tag, wenn auch ganz schön anstrengend. Das WIFI im Grey Gull Motel ist klasse. Als wir essen waren habe ich die Inhalte von gestern schon hochgeladen. Jetzt folgen Fotos und Tagebuch von heute. Dann werden wir ins Bett fallen - ab in die Horizontale! Morgen wartet der erste Vulkan, da freuen wir uns schon jetzt.

Tagesetappe: 383 Kilometer
Übernachtung: Grey Gull***, 651 Ocean Shores Boulevard Northwest, Ocean Shores, WA 98569

© 2022 Gabi & Jürgen