Tagebuch




Lost World

20220923_150642_BAE4574
Gabi & Jürgen auf dem Fern Canyon Trail, Redwoods NP, CA

Lost World? Ist die Welt denn tatsächlich verloren? Naja, manchmal denke ich schon, dass es so weit ist, wenn ich bedenke, was führende Köpfe so denken und tun. Aber darüber möchte ich im Urlaub ungern nachdenken. Außerdem ist die korrekte Übersetzung „Vergessene Welt“ - und das ist der Titel des zweiten „Jurassic Park“-Films von Steven Spielberg aus dem Jahre 1997. Und das wiederum hat viel mit unserem Trip heute in den Fern Canyon zu tun. Wobei „Verlorene Welt“ zum heutigen Tag auch gut passen würde. Verwirrung komplett - gut! Das war beabsichtigt.

Eine Warnung vorweg: Viele Bilder heute - wahrscheinlich zu viele. Aber ich konnte mich einfach nicht entscheiden. Begonnen hat heute alles mit der Weiterfahrt Richtung Süden auf dem Hwy. #101. Und da gab es am Cape Sebastian und Meyers Beach gleich mehrere schöne Viewpoints. Uns wurde aber auch schnell klar, dass Nebel unser Begleiter sein würde heute - zumindest teilweise. Und so war es auch: ein ständiger Wechsel, manchmal mit kurzen Intervallen. Gerade am Meer und hoch über den Bäumen war es immer mal „misty“. Das war gerade bei der Fahrt die Küste lang oft spooky: jetzt sehen wir das Meer nicht mehr, aber auf der Straße ist blauer Himmel - dann fahren wir durch dichtesten Nebel und sehen die Hand vor Augen nicht. „Misty“ war dabei aber auch mystisch - und es kam dieses „verlorene Welt-Feeling“ auf.

Irgendwann verlassen wir die 101 und fahren Richtung „Jedediah Smith SP“. Die ersten Redwoods haben wir ja bereits an der 101 gehabt, jetzt beherrschend die riesigen Bäume die Szenerie komplett. KeinBild und keine Beschreibung kann vermitteln, wie es ist, durch diese Giganten zu cruisen.

Wir fangen Sandwiches, Pizza-Sticks und Eggrolls und steuern das Visitor Center an. Der Park gehört inzwischen zum Nationalparksystem, das machte es für alle einfacher. Gute Beratung, wie immer. Tipp des Tages: eine 8 Meilen lange, meist unbefestigte Straße namens „Howland Hill Road“. Allein die Fahrt ist unvergessen. Eng, steil, Schlangenlinien - und immer im Slalom zwischen den Redwood hindurch. Auf dem Weg nehmen wir den „Stout Grove Trail“ mit. Gut 3 Kilometer wandern wir durch die Redwoods. Hier ist alles unberührt von Menschenhand. Nie wurden hier Bäume gefällt. Alles ist über (mindestens) Jahrhunderte gewachsen - oder auch gefallen. Schaut euch die Bilder an - außerirdisch, das ist wie im Traum - „lost world“.

Nächster Stop: der „Fern Canyon“, ein Canyon der Farne? Jawohl! Hier waren wir 2013 schon, kamen aber nicht weit, weil der Trail mitten durch einen kleinenFluss führt. Der Weg dorthin führt wieder über 8 Meilen Offroad-Piste mit mehreren Furten. Da muss der Nissan durch. Macht er klaglos.

Inzwischen benötigt man ein Permit, um Zutritt zu bekommen - das war 2013 noch nicht so. Wir haben das aber bereits von zu Hause aus bestellt, ausgedruckt und griffbereit. Schließlich soll täglich nur eine begrenzte Anzahl an Fahrzeugen Durchfahrt erhalten. Vor aggressiven Hirschen wird gewarnt. Ok.

Am Trailhead kommen unsere Tewa-Sandalen zum Einsatz, die Gabi extra für diesen Tripp eingepackt hat. Sehr gut! Mit normalem Schuhwerk wäre auch heute wieder am Eingang Schluss gewesen. Hui, das Wasser ist ganz schön kalt. Die Atmosphäre ist aber atemberaubend. Schaut euch den zweiten Teil von Jurassic Park ruhig nochmal an - ihr werdet einiges wieder erkennen. Ich sehe jedenfalls die Dinos quasi vor mir. Auch wenn der Film nicht so hieße - hier ist die Welt für uns vergessen.

Auf die Dauer ist es kalt an den Füßen - sehr kalt! Aber die Tewas tun ihren Dienst. Stabil und wasserfest. Wir machen viele Bilder, müssen aber zum Teil auch ganz schön kraxeln. Am Ende des Canyons führt der Weg als Loop hoch auf den Canyonrand und oben zurück zum Anfangspunkt.

Auf dem Rückweg treffen wir noch den stolzen Herrn Hirsch und die gesamte Sippschaft. Vorsichtshalber fotografieren wir nur aus dem Auto heraus.

Nun aber ab nach Eureka - es wird langsam spät. Da wir in California angekommen sind, singen die Beach Boys für uns. Als die müde sind, schalte ich wieder auf „Prime Country“ im Radio. Zwei Oberschnulzen geben sich die Ehre: „Always on my mind“ könnten wir mit Birgit auch mal probieren. „If tomorrow never comes“ ist dann doch schnulzenmäßig eine Spur zu hart - aber dennoch ein echter Hit.

Das Best Western in Eureka ist groß und ok. Wir machen uns auf in die Downtown. Dort ist „Friday Evening“ mit Live Music, allerlei Ständen und Food. Gute Einrichtung, alles ist ausgelassen und tanzt.

Unser Ziel: Die Lost Coast Brewery. Wenn schon nicht lost world, dann wenigstens lost caost. Ich bestelle eine Flight, bestehend aus 6 Bierproben (11 $). Aus 20 Sorten kann ich aussuchen. Finde ich super! Und ich lechze seit Beginn der Reise nach Nachos mit Käse, Chicken, Jalapenos, Zwiebeln, Oliven & Co. Hier bekomme ich sie und bestelle zum Glück die kleine Portion. Gabi nimmt ein Fischbrötchen mit Fritten - sehr reichhaltig. Die Preise sind hier echt ok.

So findet ein weiterer perfekter Tag sein Ende. Die Fahrt war anstrengend, weil offroad immer heikel ist, erstrecht, wenn es eng wird. Aber das war es allemal wert. Viel Spaß mit den Fotos!


Tagesetappe: 264 Kilometer
Übernachtung: Best Western Plus Humbold Bay Inn***, 232 West 5th Street, Eureka, CA 95501

The Gold Coast

20220922_142131_BAE4336
Jürgen am Coquille River Lighthouse, Bandon, OR

Der Tag beginnt nach einer hervorragenden Nacht mit einem noch besseren Frühstück im Best Western. Es gibt sogar auf Wunsch angefertigte Omelettes und für Gabi ihre geliebten Belgischen Waffeln zum selber gestalten - mit viel Obst und: aber bitte mit Sahne …

Wir schwelgen in Kalorien und treten dann bestens gestärkt die weitere Reise an. Die hatte heute so viele Stationen, dass ich nur die Wesentlichen aufzählen kann. Im Grunde sind wir eigentlich nur den Highway #101 in südliche Richtung gefahren. Reine Fahrtzeit: 2:15 Std. Unterwegs waren wir aber gute 7 Stunden. Das Ganze ähnelte einer Schnitzeljagd: Gabi hatte eine Karte, unsere Planung und ein gutes Heft über die Oregon Coast auf den Knien und sagte immer an, wo ich langfahren sollte. Das widersprach in aller Regel dem Navi und führte uns immer wieder mal auf Nebenstrecken - aber meist erfolgreich. Der Tag könnte auch „Lighthouse“ heißen, denn Leuchttürme waren drei dabei. Die wichtigsten Stationen, die ihr auch bei den Bildern findet, in Kürze:

Das Umpqua River Lighthouse aus dem Jahre 1894 machte den Anfang. Es ist gut 20 Meter hoch und kann - als Besonderheit - mit rotem und weißem Flashlight aufwarten.

Auch heute kommen uns wieder viele Trucks mit Logs entgegen. In North Bend stoppen wir spontan, weil am Wegesrand genau diese Baumstämme gelagert und umgeladen werden. Die Bulldozer mit ihren Greifarmen spielen mit den riesigen Stämmen, als seien sie Zahnstocher.

In der Coos Bay steuern wir Charleston an und halten an der Marina. Dort streunen wir etwas herum. Schöne Bootsmotive hat es hier und ein Seehund zeigt sich immer wieder mal, ist aber fix genug, sich nicht fotografieren zu lassen. Auf dem Steg sprechen wir mit einem Fischer, der einen ganzen Korb voll Dungeon-Crabs hat. Die meisten sind aber weiblich und zu klein und werden wieder in die Freiheit entlassen. Bei der Ausfahrt sehen wir den Monkey Food-Truck. Motto: „We serve good food, no fast food!“ Wir bestellen uns Riesengarnelen, um die Stimmung hier noch zu intensivieren. Hat geklappt - die Fritten waren überflüssig.

Am Cape Arago Lighthouse packe ich die D7000 mit dem Teleobjektiv mal wieder aus. Kommt gut hier. Die Blicke nach links und rechts in die Buchten der schroffen Küste sind atemberaubend und Gabi macht mit der D750 auch eine gute Figur.

Wir fahren weiter - da stehen 10 Leute an einem Viewpoint. Wir steigen aus und schon höre ich sie schreien: Seelöwen und Seehunde draußen auf einem Felsen. Wie bei Urmel aus dem Eis, nur ganz viele. Und keiner singt „Ich weiß nicht was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin!“ Dazu gäbe es auch keinen Grund - der Tag ist für alle Beteiligten klasse und alles kommt so unglaublich harmonisch und friedlich rüber. Unter einer Bank lugt wieder ein so liebevoll gestalteter Stein hervor. Den fand ich schön.

Wir gondeln weiter zum Coquille River Lighthouse von 1896. Da können wir sogar reingehen. Es liegt direkt an den Dünen und an Bullards Beach bei Bandon. Ein langer Jetty führt hinaus aufs Meer. Der ist nicht mehr so ganz gut in Schuss - wir gehen dennoch bis ganz hinten. Der Ozean rauscht. Überhaupt: der Soundtrack hat es in sich. Schon gestern habe ich mich mal wieder gewundert, was die Wellen für ein Getöse veranstalten. Und das 24/7 ohne Unterlass. Seeluft bekommen wir heute im Überfluss - tut gut!

Die Weiterfahrt auf dem Pacific Coast Highway #101 durch die Humbug Mountains (ja, die heißen so!) ist fantastisch. Wenn du nicht auf die Küste und das Meer blickst (siehe Fotos) fährst du durch schönen, satten und dichten Wald. Bergig ist es zudem - die üblichen Kurven. Und einiges von Achterbahn hat es heute auch. Hui!

Gabi lässt Tiny Little Bear zwischendurch mal wieder zu einem fetzigen Country Song auf dem Armarturenbrett tanzen. Kommentar dazu: „Tiny ist ein großer Tänzer. Da würde selbst Fred Astair blass werden - ist er glaube ich inzwischen auch.“

So erreichen wir Gold Beach und auf Ausgehen haben wir heute keine Lust mehr. Das Zimmer ist klein, aber sauber und hat 2 Schlafräume mit je einem Queensize-Bett. Wir packen das Nötigste aus und ich düse nochmal los, eine Pizza besorgen. Die verputzen wir bei bestem Wetter draussen an einem Grillplatz.

Da wir noch mehr Lust auf Seeluft haben, gehen wir die paar Schritte bis ans Meer. Und als später die Sonne untergeht, spazieren wir nochmal runter, denn Gabi mag Sonnenuntergänge sehr. Ein weiterer toller Tag!

Jetzt gleich um 21:30 Uhr gibt es hier zwischen Hotel und Strand noch eine Light-Show. Was immer uns da erwartet - wir gehen hin. Das Hotel heißt ja „Pacific Reef Hotel & Light Show“ - das muss ja einen Grund haben.

Morgen geht es noch weiter die Küste hinunter, wieder über den Hwy. #101. Wir erreichen Kalifornien und da werden auch mal die Beach Boys eine Chance bekommen. Ansonsten läuft bei uns seit einer Woche nur Country-Music.

So - zurück von der „Light Show“ und was soll ich sagen? Richtig gut! Was ich eben noch nicht erwähnte: das Hotel hat eine Fläche, da bauen andere einen Stadtteil drauf. Es liegt am Hang und zwischen den letzten Gebäuden und dem sehr kurzen Dünenabschnitt mit anschließendem Strand befindet sich so was wie ein natürliches Amphitheater. Da ist eine ziemlich ansehnliche Leinwand aufgebaut, die von hinten angestrahlt wird. Ringsum an Büschen, Bäumen etc: bunte Strahler, die ihre Farbe wechseln können.

Die Show beginnt. Außer uns ist noch ein Paar mit Hund da - übersichtlich. Ach ja, und da spazieren seelenruhig zwei Mule-Deer an der bunt beleuchteten Hecke entlang. Teil des Programms? Eher nein - dennoch sehenswert.

Was folgt ist sowas wie ein 15-minütiger Imagefilm über die Gold Coast - und so ändere ich jetzt auch die Überschrift dieses Tages, der bis gerade noch „Seeluft“ hieß. Das ist gleichzeitig so etwas wie ein Themenfilm zu unserer Reise - und die bunte Lichtershow zum Film kommt passend rüber. Alle kommen sie darin vor: Mountains, Volcanoes, Rivers, Lakes, Beaches, Trees etc. Sogar zu den Redwoods, die morgen und übermorgen bei uns drankommen, haben sie schon vorgegriffen. Bildqualität: sehr gut - Sound: außergewöhnlich! Unfassbar, wie kriegen die hier draussen so einen Surround-Sound hin? Die Musik ist ohnehin gut und als ein Singer-Songwriter mit Gitarre untermalt, meinen wir, der sitzt neben uns. Alles sehr gut. Dann das Ende. Fazit: die Landschaft hier ist ewig, du bist nur einen Moment hier und nimmst nur die Erinnerungen mit - genieße deinen Tag und „make him count!“ Das sollte eigentlich für uns alle ein Lebensmotto sein.

Aus? Nein! Überraschender Themenwechsel: es folgen satte weitere 15 Minuten mit einem Potpourrie aus Mamma Mia mit Merryl Streep und Pierce Brosnan. All die schönen Abba-Songs in einer tollen Beach-Atmosphäre. Tolle Zugabe, wieder genialer Sound - wir sind begeistert.

Übrigens: unser Tag hat gezählt! Gute Nacht.

Tagesetappe: 253 Kilometer
Übernachtung: Pacific Reef Hotel & Light Show***, 29362 Ellensburg Avenue, Gold Beach, OR 97444

Oregon Ocean

20220921_153533_BAE4195
Gabi in der Oregon Dunes National Recreation Area - South Beach, OR

Wir verabschieden uns von Bend. Das Motel mit dem intergalaktischen Wifi und der Retro-Ausstattung liegt hinter uns. Wir haben noch kurz mit Vater und Birgit geskypt - alles ok zu Hause. In der Nacht hatte es geregnet, wir fahren gen Osten, die Küste ist das Ziel - genauer: die Oregon Coast.

Wieder kommen wir (wie am Sonntag) durch die schöne Kleinstadt „Sisters“. Die gefällt uns gut, ein richtiges kleines Westernstädtchen - im Juni sogar mit Rodeo. Nun zickt der Nissan schon seit einer Woche rum, weil er ständig an den fälligen Öl- und Ölfilterwechsel erinnert. Das habe ich bisher ignoriert. Kurz vor Sisters dreht er dann völlig am Rad: alle Warnlampen an, die reinste Lichtorgel. Dazu ein Gepiepe und Getute. Geht’s noch? Angeblich AWD defekt, dazu die Cruise Control nicht verfügbar und auch die Abstandsmessung etc. fehlerhaft. Das hat jetzt noch gefehlt, hier im Nirgendwo. Ich halte an einer Tankstelle, Auto aus, Auto an - gleiches Theater. Rein zu der Inhaberin - die empfiehlt einen Reifenwechsler 10 Blocks weiter. Wieder im Auto - keine Warnlampen mehr. Ja spinnt der denn? Jap! Offensichtlich kompletter Softwarekollaps - und nach 10 Minuten hat er sich wieder bekrabbelt?

Vorsichtig fahren wir weiter. Wir wollen die Hauptstrecke verlassen und über den McKenzie-Pass fahren. Schmale Straße, viele Serpentinen, alles über 11 Meter darf hier nicht fahren (also auch keine Abschleppwagen oder so). Wie sagte der Mann im Visitor Center Bend am Montag? „It’s a once in a lifetime road“! Muss man mal gefahren sein. Stimmt, Recht hat er - und sowas von!!

Aber unser Navi weist uns diesen Weg nicht aus. Nach 3 Mal um den Pudding fahren in Sisters finden wir den Historic Highway #242, der über den McKenzie Pass führt. Und das Navi sagt: gesperrt! Hat sich denn alles gegen uns verschworen? Also: der Nissan schnurrt aktuell wie immer. Von Straßensperrung steht hier nix - und da sind die Amis normalerweise gründlich. Wir gucken uns an - los geht es! Das ist schon ein doofes Gefühl,. Wenn du dem Auto nicht so richtig vertraust und dann noch das Navi über 25 Meilen immer wieder sagt: da geht es nicht weiter!

Aber die Straße ist ein Traum. Schmal windet sie sich durch grünen, satten Wald bergan. Komisch: außer uns ist kein anderes Auto zu sehen. Ganz schön einsam hier. Dann kommt ein ganzes Stück Waldfläche, das vor Jahren abgebrannt ist. Verbrannte Erde im wahrsten Sinne des Wortes. Und plötzlich sind wir mitten in einem Lavaflow - völlig irreal! Rechts und links türmt sich die Lava empor. Das haben wir nicht erwartet. Oben auf dem McKenzie-Pass dann das Dee Wright Observatory mit Trail durch die Lavalandschaft. Wir halten an und gehen staunend durch die Lavamassen. Als seien die gestern noch flüssig gewesen - so kommt es uns vor. Es eröffnen sich Blicke auf die Straße unter uns und die Vulkane um uns herum. Und das Leben findet einen Weg: kleine Bäume sprießen aus den Lücken zwischen dem Lavagestein, das übrigens von drei verschiedenen Vulkanen stammt. Weiter geht es - nun bergab.

Der Wald wird wieder grün und die Bäume hoch. Zauberwald! Es ist so schön, hier hindurch zu gleiten und unser Auto tut so, als sei nie etwas gewesen. An der Wegstrecke taucht ein Store auf, der „Blue Sky Market“.Wir stoppen, füllen unsere Yeti-Becher mit Kaffee und kaufen essbares. Draußen vor der Tür wacht Bigfoot und „wo Bigfoot ist, da kehre ruhig ein“ (altes Indianersprichwort oder so).

Ohne weitere Probleme erreichen wir Florence und füllen im Safeway unsere Wasservorräte auf. Bei dieser Kette bekommen wir mit einer Mitgliedskarte seit 2011 saftige Rabatte. Das lohnt sich wirklich. Im Best Western Florence werden wir sehr freundlich empfangen. Da wir in all den Jahren schon so oft bei dieser (sehr empfehlenswerten) Motel-Kette übernachtet haben, werden wir zu „Gold-Mitgliedern“ hochgestuft. Auch schön, zumal das mit einem kräftigen Preisnachlass verbunden scheint. Das Zimmer ist super, das mit Abstand schönste unserer bisherigen Reise. Und einen Balkon hat es auch mit Blick auf den Fluss. Nur das Internet ist hier mal wieder unbefriedigend.

Wir packen unsere Sachen aufs Zimmer und starten gleich durch: ab zum Strand, um die Ecke (2,5 Meilen weit weg) ist die Oregon Dunes National Recreation Area mit verschiedenen Beaches. Ich steuere Beach 1 an. Bezahlen müssen wir hier nix - unser Jahrespass gilt und kommt aufs Armaturenbrett. Wir stapfen durch den tiefen, sehr feinen Sand die Düne hoch. Sehr, sehr anstrengend. Oben angekommen: „the Ocean“, genauer gesagt: der Pazifik. Es ist immer wieder toll, hier „anzukommen“ Wir haben die Pazifikküste in ganz Kalifornien bereist (komplett von San Diego bis Nordkalifornien). Und auch in Washington an der Olymic Peninsula und bei Long Beach waren wir ihm schon nahe. Jetzt: Oregon Coast - Oregon Ocean!!

Wie die Kinder tollen wir herum und machen Fotos. Tiny Little Bear ist auch dabei. Unfassbar, wie weitläufig der Strand hier ist - kein Mensch außer uns. Am Ende meint Gabi: "You can call me Sandy!" In der Tat - als sie sich im Auto niederlässt, mutiert der Nissan zur Wanderdüne. Wir haben Spaß! Ausrufezeichen!

Als sich der kleine Hunger meldet fahren wir zurück zum Best Western, stellen das Auto ab und gehen zu Fuß über die historische Brücke, die den Siuslaw River überspannt. Gleich dahinter: bunte Häuser - Downtown. Einmal die Straße hinauf und hinunter, Tiny sagt den Bären-Freunden bei „Books ’n’ Bears“ guten Abend. Wir haben Lust auf Seafood - das passt hierher. In der „Restobar 1285“ finden wir noch einen Tisch. Es gibt Seafood-Pasta - sehr lecker. Dazu passt ein Bier von Maui auf Hawaii, frisch vom Fass. Anschließend muss noch eine schnelle Einkehr im „Beachcomber Pub“ angehängt werden - der Laden stand auf unserer Liste. Hier gibt es 20 Biere vom Fass, sogar Weihenstephan aus Freising. Ich nehme aber ein süffiges lokales Bier - an die könnte ich mich gewöhnen (oder besser auch nicht).

Zurück auf dem Zimmer werden die Fotos versorgt und das Tagebuch geschrieben. Und jetzt geht es noch hinaus auf den Balkon, die Abendstille genießen. Morgen fahren wir auf dem Highway #101 gen Süden, immer die Oregon Coast entlang bis nach Gold Beach. Aber das ist eine andere Geschichte.

Tagesetappe: 309 Kilometer
Übernachtung: Best Western Pier Point Inn****, 85625 Hwy 101, Florence, OR, 97439-8501

Rock 'n' River

20220920_123556_BAE4046
Gabi auf dem Misery Ridge Trail, Smith Rock SP, OR

So - frisch ans Werk, der Tag war supercalifragilisticexpialigetisch - ist aber schnell geschrieben:

Nach dem Aufwachen standen zunächst mal die Hausaufgaben an, die gestern nach dem Besuch der Deschutes Brewery nicht mehr von der Hand wollten: Tagebuch schreiben, die Fotos aussuchen, bearbeiten und die Website versorgen. Da war einiges zu tun und das braucht seine Zeit. Ich habe dazu meinen festen Workflow und die tägliche Sicherungskopie aller Daten muss auch noch her.

Gegen 10:00 Uhr brechen wir auf. Ziel: der Smith Rock State Park. Der steht in keinem Reiseführer; auch auf ihn sind wir über YouTube gestoßen. Es ist nur eine verhältnismäßig kurze Fahrt dorthin. Auf dem Hinweg halten wir kurz in Redmond, machen 2 Coffees in den Yeti-Bechern klar und decken uns mit Sandwich, Corn-Dog und Hotdog ein. Letztere verputzen wir auf der Fahrt zum Frühstück, das Sandwich ist für später.

Der Smith Rock SP ist gänzlich unbekannt. Aber gerade das haben wir schätzen gelernt. Die kleinen State-Parks bieten oft für einen ausgefüllten Tag, alles, was man benötigt. Dazu sind sie absolut nicht überlaufen. Klar, man trifft ach hier mal andere Wanderer - aber im Großen und Ganzen sind diese ruhig, entspannt und sehenswert.

Bei der Anfahrt sehen wir - eher unspektakulär - einige Felsentürme aus der Ebene aufragen. Wir stellen das Auto ab und entrichten die übliche Tagesgebühr von 5 $ an einem Automaten. Kreditkarte rein, Ticket aufs Dashboard des Autos- fertig. Der Statepark ist so unbedeutend, dass es weder im Visitor-Büro Bend noch hier vor Ort eine Karte mit den Trails zum Mitnehmen gibt. Ich mache aber ein Foto von der Karte, die aushängt. So haben wir die Übersicht, denn es ist noch nicht klar, was wir konkret machen.

Wir starten auf dem Rim Rock Trail. Es bieten sich sofort atemberaubende Tiefblicke auf den Canyon und den Fluss. Überhaupt: Felsen und der Fluss - das ist das Motto dieses Parks. Beides unglaublich sehenswert und in der Kombination: unschlagbar! Zwischen den Felsen lugt der Mount Jefferson - ein weiterer Vulkan - hervor.

Über den Canyon Trail steigen wir hinab auf die Höhe des Flusses und wandern diesen entlang bis zu einer Brücke, die wir natürlich nutzen, um den Fluss zu überqueren. Und jetzt sticht Gabi der Hafer: auf YouTube waren „stunning views“ versprochen worden - und dazu müssen wir wohl bergauf. Also starten wir auf den „Misery Ridge Trail“ - den „Elenden Wanderweg auf der Kante“.
Dieser ist als „most difficult trail“ gekennzeichnet. Klar: er windet sich in endlosen Serpentinen die steile Wand hinauf. Absicherung: Fehlanzeige - der Trail geht immer am Abgrund entlang. Fehltritte sind verboten.

Die Aussicht, die sich uns bietet, ist aber immer wieder wirklich so, dass einem staunend der Mund offen steht. Hinter jeder Biegung ein neues Highlight. Ich kann nur einige Fotos veröffentlichen, aber die sagen eigentlich alles. Auf dem Gipfel ist Ruh’. Sehr schön und Tiny Little Bear sucht sich einen besonders alten Baum zum Ausruhen aus. Auf dem Abstieg zur anderen Seit eröffnen sich weitere Tiefblicke. Dazu gesellt sich eine gigantische Stele namens „Monkey Face“. Und tatsächlich kann man mit etwas Phantasie einen Affenkopf erkennen. Abstieg über den Mesa Verde Trail.

Dann der River Trail - immer am Fluss entlang. Die Runde schließt sich. Das ist das absolute Outdoor-Mekka hier: die Hälfte der Besucher sind Kletterer - und die hängen in den steilsten Wänden. Vor Klapperschlangen wurde gewarnt. Für mich völlig nachvollziehbar - das ist das optimale Terrain hier für diese Spezies. Gabi sieht es pragmatischer: „Irgendwo müssen die ja wohnen!“. Und am Fuße des „Monkey Face“, auf den natürlich auch diverse Kletterrouten führen, hat der heimische „Alpenverein“ gleich den Rettungskorb und die Krücken platziert - praktische Hilfe für den Fall der Fälle.

Als sich dann die steilen Wände im Fluss spiegeln ist mal wieder „overkitsch“ (Wortschöpfung von Gabi vor Jahren hier im Wilden Westen) angesagt - schaut selbst: ist das nicht unfassbar schön?

Über den Rim Rock Trail kommen wir zurück zum Auto. Unsere Wanderschuhe haben uns wieder sehr gute Dienste geleistet. Bergauf war es echt anstrengend - sehr steile Stufen in der Felswand. Und bergab war es sehr „slippy“ - loose gravel machte den steilen Abstieg nicht leicht. Aber wo es nötig war, gingen wir Hand in Hand und gaben uns gegenseitig Sicherheit. Dann der allerletzte Schritt vom Trail auf den Parkplatz: ich stolpere kurz und lege mich tatsächlich auf Knie und Ellenbogen hin. Wie blöd! Aber außer geringen Schürfwunden ist nix passiert. Gut so!

Wir machen noch ein kurzes Picknick mit unserem Sandwich und müssen aufpassen, dass uns die Böen hier nicht die Wurst vom Brot fegen. Rückfahrt nach Bend: quick and easy!

Wir versorgen die Fotos und beschließen, nochmal in Mel’s Sportsbar zu gehen. Es war einfach zu schön dort am Sonntag. Null touristisch und einfach Teil der Gemeinschaft sein. So ist es auch heute: Mel (w) steht selbst hinter der Theke. Dough (unsere Bedienung von Sonntag) ist heute bei denen, die zuerst Darts, dann Poker spielen. Auf 5 Bildschirmen werden 7 Sportarten übertragen - oder umgekehrt? Wir essen super würzige Chicken Wings und Tater Tods. Dazu gibt es giftiges Dragon-Fruit-Cider für Gabi und Deschutes IPA für mich. Gabi ordert später noch eine Margarita und Mel empfiehlt mir ihr Lieblingsbier: ein IPA von Barley Brown’s. Auf die Frage, wo das den herkommt muss sie einen Gast um Hilfe bitten. Baker City! Oh - da waren wir 2018 und ich habe dort in einer Brewery ein leckeres Bier getrunken - und fotografiert. Alle rollen sich ab: das ist genau das Bier, das ich jetzt im Glas habe! Die Welt ist klein! Die Stimmung in der Sportsbar ist wirklich super: alle haben Spaß und wir sind mittendrin.

Jetzt ist es gut und so ganz kurz ist der Bericht auch nicht geworden. Bin ich vielleicht doch ein Plappermaul? Danke jedenfalls für die zahlreichen positiven Rückmeldungen zu den Fotos und den Berichten. Da macht das alles noch mehr Spaß und ich denke, dass einige zu Hause „mitreisen“. Liebe Grüße!!

Tagesetappe: 92 Kilometer
Übernachtung: Cascade Lodge****, 420 Southeast 3rd Street, Bend, OR 97702

Volcano

20220919_123852_BAE3926
Jürgen auf dem Obsidian Flow Trail, Newberry National Volcanic Monument, OR

Die „Cascade Lodge“ ist wirklich ok, das Zimmer geräumig und die Einrichtung - na, sagen wir mal: postmodern, aber sehenswert. Vielleicht mache ich morgen mal ein Foto vom Waschbecken. So haben wir auch gut geschlafen und da Urlaub ist, beginnt der Tag nicht hektisch, sondern mit zwei Meditationen mittels Peloton-App. Das haben wir uns so angewöhnt.

Zum Beginn unserer Tour haben wir einige Stationen vor: zunächst geht’s zum nahe gelegenen Safeway. Unser Obst ist alle und ein Sandwich für später sowie einen Breakfast Burrito für mich und einen süßen Donut für Gabi zum Sofortverzehr. Dann statten wir Downtown einen ersten kurzen Besuch ab. Im Visitor Center lassen wir uns beraten, ob wir mit unseren Planungen für heute und morgen richtig liegen. Ja, tun wir - es gibt aber noch ein paar wertvolle Hinweise zusätzlich. So ist eine ganze Region hier aktuell gesperrt: heftige Waldbrände. Kann man nichts machen - das Feuer ist aber weitestgehend unter Kontrolle. Nächster Stop: Nike Outlet. Das liegt an der Route, die wir heute sowieso fahren, macht aber erst um 12 Uhr auf. Mittags werden wir wieder dran vorbei kommen - Gabi muss doch endlich eine neue Basecap bekommen.

10 Meilen südlich von Bend erreichen wir das Newberry National Volcanic Monument. Hier werden wir heute einige Zeit verbringen. Im Visitor Center bekommen wir Hinweise auf Dinge, die wir uns unbedingt ansehen sollen. Draußen beginnt gerade ein Ranger Talk - das ist genau unser Ding. Spätestens jetzt haben wir das von uns so sehr geschätzte National-Park-Feeling. Wir erfahren viel Neues - insbesondere über den Newberry Volcano und seine Ausläufer. Vieles wissen wir aber auch schon - Hawaii hat uns da sehr geholfen. Hier im Bereich des Visitor Centers sind eher die Ausläufer des Vulkans zu sehen: jede Menge Lava und einer von über 400 „Cinder Cones“, die der Vulkan geschaffen hat. 1,5 Meilen unter uns sind auch heute noch riesige Magma-Kammern und wenn der Druck auf dem Kessel zu groß wird und irgendwo eine Schwachstelle ist dann gibt es einen „kleinen“ Ausbruch und es entsteht so was wie ein großer Pickel - ein Cinder Cone. Der besteht aus Asche und Lava und unserer hier ist 1.500 Jahre alt.

Wir können anschließend sogar mit dem Auto hinauf fahren. Obwohl der gar nicht so riesig hoch ist haben wir von dort tolle Ausblicke auf weitere Vulkane, Cinder Cones und den Hwy #97, der Bend mit dem Park verbindet.

Zugig ist es dort oben. Das Wetter ist wechselhaft. Mal blauer Himmel, dann wieder Wolken.

Weitere 24 Meilen südöstlich erreichen wir den Paulina Peak und den gleichnamigen See. In der Caldera des Vulkans sind nach dem letzten Ausbruch 2 Seen übrig geblieben: der Paulina Lake und der East Lake. Vorher war es ein See, doch der letzte Ausbruch hat einen weiteren Kegel in die Mitte der Caldera gesetzt, so dass es nun 2 Seen sind. Vulkane verändern das Aussehen der Landschaft oft sehr schnell - das kann man hier gut sehen.

Etwas besonderes gibt es hier oben auch: den „Big Obsidian Flow“, über den auch ein Trail führt, den wir unter die Füße nehmen. Wir kraxeln auf einem riesigen Glasberg herum. Eine Erklärungstafel habe ich mal fotografiert und bei den Fotos platziert. Kurzfassung: das Gestein hat hier einen hohen Silicium-Gehalt und als der Vulkan das ausspuckte, blieb ein großer Glasberg übrig. Das Glasgestein hat hier drei Farben: schwarz (das ist dann of richtig glatt), hellgrau und dunkelgrau (das hat mehr Lufteinschlüsse). Wir müssen schon höllisch aufpassen, uns hier nicht zu verletzen an den messerscharfen Steinen. Es macht aber viel Spaß, den Trail zu erkunden. So etwas haben wir noch nicht gesehen und das ist auch normal, denn solche Obsidian-Flows sind extrem selten.

Am Paulina Lake finden wir ein nettes Plätzchen für das Sandwich-Picknick. Und Gabi macht wieder Fotos von Tiny Little Bear. Die findet ihr regelmäßig in ihrem WhatsApp-Status. Schließlich steuern wir noch die Paulina Falls an, die deutlich größer daherkommen, als von uns vermutet. Erst haben wir einen Viewpoint von oben, dann gehts es 400 Feet hinunter an den Fuß der Fälle. Gabi kraxelt auch hier ganz schön herum.

Am Parkplatz gesellt sich ein neugieriger, blauer Vogel zu uns - hübsch! Weniger hübsch ist der Blick auf meine Tankuhr. Die habe ich schon den ganzen Tag auf dem Kieker. Als wir Bend und die letzte Tankstelle schon weit hinter uns hatten fiel mir ein, dass ich noch tanken wollte heute morgen. Und seitdem rechne ich, ob das noch klappt mit dem Rückweg. Vorsichtshalber habe ich die Klimaanlage schon mal abgeschaltet. Und es waren immer noch mindestens 15 Meilen „Reserve“ bei den Rechnungen vorhanden. So erreichen wir dann später auch die rettende Tankstelle in Bend und sind jetzt wieder gerüstet für neue Unternehmungen.

Gabi hat ihre Basecap bekommen und dazu noch ein paar Sportklamotten von Nike. Das Auto hat jetzt Pause. Wir wollen zu Fuß nach Downtown.

Das sind gut 2 Kilometer, die wir zu gehen haben und sowas macht hier sonst eher keiner. Der Kollege an der Rezeption hat mich gestern für völlig bekloppt gehalten, als ich fragte, ob man zu Fuß dort hin kommt. Wir müssen nämlich den Hwy. 97 queren etc. Kurz: hat gut geklappt und wir machen erste Rast in der „McMenamins Old Francis School Brewery“. Uriger Schuppen, gutes Bier. Dann steuern wir die Deschutes Brewery an, finden einen Platz an der Theke und ich gönne mir eine von zwei möglichen Bierproben: 6 Gläschen mit unterschiedlichen Bieren der Brauerei, deren Kessel wir von der Theke aus sehen können. Lecker! Kurzbezeichnungen wie „Prinz Crispy“, „Otter Encounter“, „Check you Hefe“ oder „Pineapple Whip“ machen schon neugierig. Die sechs Bierchen werden (je höher die Nummer) immer bitterer und alkoholischer. Das letzte hat satte 8,5%. Und aus dem Wash des beliebtesten Bieres machen sie sogar einen 5-jährigen Whisky, den Gabi probiert. Den gibt es sogar aus einem ordentlichen Nosingglas - allerdings in doppelter Portion. Der Barman meint es gut mit uns.

So treten wir später etwas „tipsy“ den Heimweg an. Dabei müssen wir nochmal über die fünfspurige Straße. Ich quere die gleich noch 4 Mal, denn ich ordere eine Pizza gegenüber bei „Domino’s“ unserer Lieblingskette. Da eine Wartezeit von 45 Minuten zu überbrücken ist, hüpfe ich schnell zurück ins Zimmer, um mich um die Fotos zu kümmern. Die Pizza war wie immer super und alles andere (Fotos, Tagebuch und Website) muss nun bis morgen früh warten. Müde! Gute Nacht!!


Tagesetappe: 140 Kilometer
Übernachtung: Cascade Lodge****, 420 Southeast 3rd Street, Bend, OR 97702

Hiking Silver Falls SP

20220918_121448_BAE3865
Gabi am Lower South Falls, Silver Falls SP, OR

So, jetzt habe ich gerade noch schnell ein Foto von gestern hinzugefügt, das Gabi noch beigesteuert hat. Was sein muss, muss sein.

Wir lassen es ruhig angehen heute morgen - es ist Sonntag. Die sieben Sachen sind aber dann schnell gepackt und um 09:00 Uhr rollen wir vom Hof. Es geht Richtung Süden - später nach Südosten.

Auf dem Weg liegt ein Premium Outlet mit diversen Sportshops. Es sollte sonntags um 10:00 Uhr öffnen. Wir sind etwas eher da und frühstücken nebenan. Aber auch um 10:15 Uhr sind die Schranken noch geschlossen; diverse Leute warten. Wir bleiben nicht mehr länger - so wichtig ist uns das nun doch nicht.

Unser Weg führt uns durch das völlig unbekannte Nest namens „Mount Angel“. Am Ortseingang am Stadtschild der Hinweis: „Bavarian Village“ und „Oktoberfest!“ Noch denken wir uns nichts dabei, dass entlang der Straße blauweiß geflaggt ist wie ansonsten in den Staaten nur in Stars and Stripes. Links dann ein echter Eyecatcher: Da wird hochgerüstet für Halloween - aber irgendwie ist auch hier Oktoberfest bei der Deko. Die ist echt schräg und richtig groß. Ich mache Fotos.Dann nähern wir uns dem Epizentrum des Oktoberfests auf dem Planeten Erde. Sowas haben wir noch nicht gesehen: volles Programm: ganze Wiesen gesperrt als Parkplätze oder Campingsites. Ich fühle mich an Parookaville erinnert. Im Ort ist alles verkleidet und in Bierlaune. Die „Festhalle“ ist ebenso vorhanden wie der „Prostgarten“. Es ist 11 Uhr und die Bevölkerung dieses Teils von Oregon frönt der deutschen Bierseeligkeit. Wenn wir jetzt nicht was anderes vorhätten - weia!

Wir sind aber auf dem Weg zum Silver Falls State Park. Von dem haben wir in einem amerikanischen YouTube-Voideo erfahren, sehr gute Ergänzung zu Reiseführern, in denen dieser sehr sehenswerte Park nicht auftaucht. Wir stellen unser Auto ab, zahlen die 5 $ Eintritt (für das Auto), ziehen die Wanderstiefel an uns starten.

Für uns kommen heute der „Trail of Ten Falls“ mit 7,2 Meilen oder die „Winter Falls Loop“ mit 5,0 Meilen und 7 Wasserfällen in Frage. Der zweite ist anfangs deckungsgleich mit dem ersten, kürzt dann aber am Ende etwas ab. So können uns später entscheiden, welche Strecke wir gehen wollen. Es geht zunächst in den Canyon hinab und am Ende wieder hinauf auf den Rand. Der wunderschöne Trail führt uns neben, an, vor und sogar hinter die Wasserfälle. Dazu ist das Wetter bestens und die Wegführung atemberaubend. Hinzu kommt eine Mischung aus Regenwald und Mammutbaumfeeling, bemooste Bäume, viele Farne und ein Farbenspiel, das seinesgleichen sucht.

Am Anfang stehen die „South Falls“ - wir stehen erst oben an der Kante, dann seitlich, dann hinter dem Wasserfall ungefähr auf der Mitte der Höhe und dann unten. Toll! Weiter geht es zum „Lower South Fall“, „Lower North Fall“, „Double Fall“, „Drake Fall“ und den „Middle Falls“. Wir entscheiden uns dann für die kürzere Variante über den Winter Trail zum Rim Trail. So verpassen wir zwar die letzten drei Wasserfälle, haben aber etwas mehr Ruhe bei der Weiterfahrt. Ich bin ja derjenige, der unseren Nissan noch 2,5 Stunden bis Bend reiten muss. Und müde Cowboys sind keine guten Cowboys.

Der Trail war einfach super. Allein diese Ruhe, die nur selten gestört wurde. Wie sagte Gabi? „Lass mal die Plappermäuler vorbei!“ Zu letzteren gehören wir beide ja nun mal wirklich nicht (privat! - die Einschränkung muss ich machen). Es gibt aber die hier nicht ganz seltene Gattung der Plappermäuler („Homo Sapiens Paperlapapp“), die einen in unberührter Natur zum Wahnsinn bringen kann. Die lassen wir dann regelmäßig vorbei. Das Schlussstück auf dem Rim Trail führt nochmal durch ein fantastisches Waldgebiet. Hier wächst meine Vorfreude auf die großen Redwoods in Nordkalifornien in einer Woche. Aber die hier sind auch echt fett - sowas kennt man in Europa nicht.

Nach fast 3 Stunden sind wir wieder am Auto. Gute 10 Kilometer sind auf der Uhr und gut 550 Höhenmeter runter und wieder rauf. Von der Anstrengung her ist das kein Vergleich zu der ähnlich bemessenen hochalpinen Tour am Mt Rainier letzte Tage; merken tun wir es dennoch.

Wir fahren nach Bend. Dabei durchqueren wir wieder unendliche Weiten nur mit Wald. Nebenstrecke, keine Interstate. Die Straße windet sich hinauf und hinab in sanften Schwüngen. Um 17:00 Uhr sind wir im Motel. Auspacken, Technik laden und richten, umziehen und ab zum Abendessen. Hunger!

Gleich nebenan ist Mel’s Sports Bar. Klingt nach Bier vom Fass - richtig! Und klasse Sandwiches macht er - nehmen wir. Dazu läuft American Football im Fernsehen. Zum Nachtisch noch einen Rye-Whiskey. Klasse! Und preislich alles absolut im Rahmen.

Jetzt ist auch das Tagebuch fertig und einige Fotos sind auch vorbereitet. Ich habe mal nicht alles genommen an Wasserfällen - möchte euch ja nicht überfordern.

Frage: ist das nicht langweilig mit all den Wasserfällen? Antwort: keinesfalls! Denn auch hierbei gilt: der Weg ist das Ziel! Wir wandern auch ohne besondere Sehenswürdigkeiten gerne und da sind die Wasserfälle absolut willkommen. Und Wasserfall ist ja nicht gleich Wasserfall:

Es gibt die mit ganz viel Wasser und die mit wenig - oder sogar jahreszeitlich ohne Wasser (wie heute die „Winter Falls“). Manche liegen in der Sonne, andere verstecken sich im Schatten. Die einen sind leicht zu erreichen, andere müssen hart erwandert werden. Dann gibt es die ganz dünnen und die fetten, breiten - die hohen, eventuell in mehreren Stufen und die eher flachen. Für den Fotografen stellen sich Fragen: „Hochformat oder Querformat?“ Stativ? Belichtungszeit? Eher das Wasser „einfrieren“ oder „fließen lassen“? Graufilter oder nicht? Einen natürlichen „Rahmen“ finden? Person einbeziehen, um die Größe zu zeigen? Und das ist noch lange nicht alles. Ich freue mich auf weitere Wasserfälle in den kommenden Tagen - ihr hoffentlich auch …


Tagesetappe: 314 Kilometer
Übernachtung: Cascade Lodge****, 420 Southeast 3rd Street, Bend, OR 97702

Scenic Byways - im Doppelpack

20220917_144113_BAE3824
Gabi am Mount Hood Viewpoint, OR

Das war wieder ein Roadtrip der besonderen Art heute: zwei Scenic Byways, also besonders sehenswerte Straßen, hintereinander: zunächst nahmen wir den „Historic Columbia River Scenic Highway“ mit all den Wasserfällen unter die Räder, dann den „Mount Hood Scenic Byway“.

Das Zimmer in der Eastside Lode ist eine Unterkunft, mehr nicht. Geschlafen haben wir dennoch gut. Das lag vielleicht auch an den Getränken gestern Abend - obwohl es so viel auch nicht war. Immerhin hat es geholfen, dass ich das WiFI hier an der Rezeption als das „schlechteste in 11 Jahren USA“ bezeichnet habe - abends war es besser und der Upload hat gut geklappt.

Frühstück fällt aus, wir kaufen leckeren Kaffee beim Tanken. Hier in Oregon wird mit Service getankt. Selber machen nicht erlaubt. Mit 4,69 $ für die Gallone (3,8 Liter) ist der Sprit hier immer noch sehr günstig. Und 2,99 $ für 2 riesige Kaffee in unseren Yeti-Bechern sind auch sehr ok.

Dann sind die Wasserfälle am Historic Hwy. #30 dran: zunächst der Trail zu den Bridlevail-Falls. Dort packe ich das Stativ aus. Den „Fließeffekt“ bekomme ich auch ohne Graufilter mit Blende 22 und 1 Sekunde Belichtungszeit hin. Eines der Bilder habe ich eben mal der farblichen Stimmung entsprechend herbstlich eingefärbt. Denn auch hier werden die Blätter wieder bunt - der Sommer ist vorbei.

Die wirklich sehr sehenswerten, aber völlig überlaufenen „Multnomah-Falls“ waren 2018 nach den Bränden gesperrt. Heute bekommen wir keinen Parkplatz. Also lasse ich Gabi hinaus und fahre zurück - da war noch ein zweiter Parkplatz weiter entfernt. Glück gehabt - und einen bekommen. Die 1.000 Meter zurück über den kleinen Steig schaffe ich im Fluge.

Bei den Multnomah-Falls nutze ich den Graufilter. Die sind mit der Brücke in der Mitte echt besonders und ich werde zu Hause mal sehen, was ich aus dem Bildmaterial noch so herausholen kann. Das Bild auf der Fotoseite hier ist „quick and dirty“ entwickelt. Nebenan heiratet gerade ein Paar - das ist auch ein Foto wert, denn auf Hochzeiten sind wir gerade eingeschossen (nicht wahr, Lisa & Borch?). Aber die kleine Raupe soll auch zu ihrem Recht kommen.

Auf dem Rückweg zu dem Parkplatz, auf dem ich unseren Nissan losgeworden bin, kommen wir unweigerlich an den „Wahkeena Falls“ vorbei. Die fallen wirklich sehr tief. Man muss schon ganz genau hinschauen, um den Anfang ganz weit oben noch zu entdecken. Aber auch die Stromschnellen unten sind sehenswert. Gabi fotografiert mich, wie ich fotografiere. Hat auch was. Danke!

Und dann waren da noch die Horsetail-Falls. Der „Pferdeschwanz“ sollte uns eigentlich gar nicht lange aufhalten. Aber dann hänge ich mich doch rein und schieße die verschiedensten Perspektiven.

Nächster Stop: Hood River. Eine kleine Stadt, aber sehenswert. Falls wir nochmal hier wären, würden wir hier übernachten. Schöne Hauptstraße (Oak Street), viele Geschäfte, und tolle Restaurants inkl. Brewery. Wir essen Thai - Ramen-Noodle-Soup, schließlich war das Frühstück ausgefallen.

Dann folgt der zweite Scenic Byway: wir machen die Runde um den Mount Hood komplett und fahren „unten rum“ zurück nach Portland. „Mount Hood“ hatte für mich so gar nichts zu tun mit Robin Hood. Als ich aber die Schilder zum „Sherwood Camp Ground“ oder „Little John Park“ sehe, muss ich mich korrigieren. Dabei zeigt sich der 3. Vulkan unserer Reise zunächst ebenfalls nicht. Als wir uns dann aber der historischen Timberland Lodge nähern, ziehen die Wolken auf und er kommt raus. Sehr schön! Die Lodge ist wirklich sehenswert und ein echtes Bollwerk. Viel Stein und Holz!

Der Mount Hood gefällt auch Tiny Little Bear, der direkt Freundschaft schließt mit Bruno 11., dem Bernhardiner-Hund, der zur Timberland Lodge gehört, wie das Inventar und nach einer kleinen Wanderzeit dort verlassen wir den Ort, um nach Hause zu fahren. Dort kümmern wir uns um die Fotos und brechen dann nochmal auf. Zu Essen benötigen wir nur eine Kleinigkeit. Aber ein Drink wäre auch nicht verkehrt.

Weil wir nicht mehr „über die Brücke“ in die Downtown wollen, suchen wir die Gegend um unser Motel ab. Nicht einfach! Es gibt diverse Einkehrmöglichkeiten, aber alles ist etwas komisch. Gabi bezeichnet es sehr zutreffend später als „zwielichtig“ und ohne Zweifel auch „schmuddelig“. Top-Mode scheinen bei den Mädels extrem kurze, schwarze Outfits zu sein und noch viel wichtiger: bunte, gerne blaue Haare. Da denken wir, eine Pizzeria gefunden zu haben, gehen rein und flüchten gleich wider, als wir die Bedienungen mit blauen, orangenen, gelben und rose-farbenen Haaren erblicken. Wir haben nichts gegen Farben - aber wenn die Gestalten mehr Halloween sind als Bedienung hört der Spaß auf.

Dann lieber noch kurz auf den lauten, aber ebenso bunten Straßenmarkt. Dort unterhalten wir uns länger mit einem jungen Mann, der American Single Malt zur Verkostung anbietet. Machen wir - schmeckt! Kurz bevor wir drauf und dran sind, einen Food-Truck aufzusuchen, entdeckt Gabi ein kleines Cafe. Super sauber - Alleinstellungsmerkmal! Rein! Kühlschrank voll Bier & Cider. Wir bestellen ein Mexikanisches Bier und ein Cider. Zu essen? Hotdogs! Super - nehmen wir!! Kostet? Nix - gibt es zum Getränk dazu. Unfassbar, denn die sind eher günstig. So kommen wir an die „Kleinigkeit“ und das war wirklich prima.

Rückweg zum Motel. Da - direkt nebenan, eine Nobel-Bar? Türsteher! Wir dürfen rein. Zwielichtig? Vielleicht, aber eher auf die vornehme Art. An der Theke Bestellen wir eine Margarita für Gabi (die wirklich extrem gut ist - ok, Gabis sowieso, die Margarita aber auch) und ein frisch gezapftes IPA für mich. Wir können draussen sitzen, total ruhig, super entspannt. So endet ein wirklich abwechslungsreicher Tag.

Tagebuch ist nun auch geschrieben, Fotos sind fertig, Feierabend!! Bis morgen!!
PS: den Eintrag von gestern habe ich auch nochmal überarbeitet; ich war gestern nicht mehr in der Lage, in der nötigen Sorgfalt umfassend zu berichten.

Tagesetappe: 282 Kilometer
Übernachtung: Eastside Lodge***, 949 East Burnside Street, Portland, OR 97214

© 2022 Gabi & Jürgen